Zum Tanzverbot an Karfreitag

29. März 2013 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan
The same procedure as every year… So ähnlich könnte man das Geschehen beschreiben, das sich inzwischen jährlich wiederholt. Religionskritiker fordern an den Tagen vor Karfreitag vermehrt, das an dem Tag geltende Tanz- und Feierverbot aufzuheben – und propagieren diese Forderung lautstark in den Medien (siehe hier). Bochumer Atheisten gehen dieses Jahr sogar noch weiter: Obwohl am stillen Feiertag Karfreitag auch ein generelles Versammlungsverbot gilt, wollen sie erstmals den religionskritischen Film Das Leben des Brian in aller Öffentlichkeit zeigen (siehe hier).

Für viele Christen ist Karfreitag ein sehr wichtiger Gedenktag; für evangelische Christen ist es sogar der höchste Feiertag im Jahr. Ich habe deshalb schon vor zwei Jahren in einem kurzen Beitrag dafür plädiert, den Christen an diesem Tag ein wenig Respekt entgegen zu bringen, auch wenn man mit der Religion selbst vielleicht nicht viel gemein hat. Weil ich immer noch (größtenteils) derselben Meinung bin, möchte ich diesen Argumentationsweg auch nicht mehr großartig aufgreifen.

Auch wenn immer noch knapp 60% der deutschen Bevölkerung einer christlichen Konfession angehört und die Geschichte der deutschen Bundesrepublik (sowie ihrer Vorgängerstaaten) stark christlich geprägt ist, muss man sich dennoch eingestehen, dass mehr als 40% der Deutschen durch stille Feiertage wie Karfreitag ein Weltbild aufgezwungen bekommen, das ihrem eigenen womöglich nicht ansatzweise entspricht. Ich persönlich kann deshalb durchaus verstehen, dass man sich gegen das Versammlungsverbot wehrt. Auch wenn der Protest m. E. einen groben, nämlich profanen Denkfehler offenbart.

Diejenigen, die eine Lockerung oder gar Aufhebung des Versammlungsverbots fordern, tun dies, weil sie sich vom Feiertag – oder allgemein gefasst von der christlichen Religion – nicht angesprochen fühlen. Wer aber das Versammlungsverbot am Karfreitag verurteilt, muss dies in letzter Konsequenz auch für den Feiertag an sich tun. Und demzufolge eine Abschaffung des gesetzlichen Feiertags fordern.

Da Karfreitag natürlich nicht der einzige christliche Feiertag im Jahr ist, kann man diese Argumentation noch deutlich weiterführen. Wer wirklich konsequent ist, müsste auch eine Abschaffung folgender Tage fordern: Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, Allerheiligen und beide Weihnachtstage. All diese Tage haben bei solch einer Argumentation eigentlich keine Zukunft mehr.

Stellt sich nur noch die Frage, warum das bisher noch niemand gemacht hat. Nun, der Grund könnte offensichtlicher nicht sein: wenn man alle diese Feiertage zu seinen Zwecken nutzt und ein bisschen kombiniert, kann man im Jahr bis zu 13 zusätzliche freie Tage bekommen, ohne dass es Auswirkungen auf die eigenen Urlaubstage hat.

Am Ende komme ich dann doch wieder auf den Respekt- und Toleranzgedanken zurück: Das Christentum und seine Werte sind so fest mit der deutschen Kultur vernetzt, dass sogar diejenigen einen „Vorteil“ haben, die die Religion entschieden ablehnen. Vielleicht wäre es gerade deshalb ein kleines Zeichen der Dankbarkeit und des Respektes, wenn man an einem Feiertag wie Karfreitag, der für viele Christen nun einmal von großer Bedeutung ist, auf seine Forderungen verzichten könnte.

Was denkt ihr über diese Argumentation? Haltet ihr sie für sinnvoll oder ist sie vollkommen an den Haaren herbeigezogen? Ich freue mich auf eure Kommentare!

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
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