Koalitionsverhandlungen sind auch für die SPD konsequent!

20. Oktober 2013 Gesellschaft
von Matija Vudjan
Heute hat der Parteikonvent der SPD zum zweiten Mal nach der Bundestagswahl im September getagt. Zentrale Frage war, ob die Sozialdemokraten Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU aufnehmen sollen. Wie erwartet hat sich die Versammlung heute mit einer großen Mehrheit dafür ausgesprochen. An der Parteibasis hingegen wird der Widerstand gegen Schwarz-Rot immer größer. Trotzdem sind Koalitionsverhandlungen meines Erachtens konsequent. Warum ich so denke, möchte ich im folgenden ausführen:

Verhandelt bald mit der Union: SPD-Chef Sigmar Gabriel
Foto: SPD Schleswig-Holstein/Flickr

Viele SPD-Mitglieder werden sich momentan wohl am ehesten an zwei Dinge erinnern: Zum einen an die Tatsache, dass die letzte Große Koalition für die SPD mit dem schlechtesten Bundestagswahlergebnis aller Zeiten endete. Und zum anderen an die Aussagen vieler Parteigrößen, man werde nach der Bundestagswahl keine Koalition mit der Union eingehen (unter anderem Sigmar Gabriel, Andrea Nahles und Hannelore Kraft).

Einerseits sind diese Bedenken verständlich. Alleine die Vorstellung, in vier Jahren genau so sehr abgestraft zu werden wie 2009 und vielleicht ein Wahlergebnis unter 20% zu erreichen, lässt wohl keinen Politiker kalt. Zudem ist der Beginn von Koalitionsverhandlungen mit den Unionsparteien ein klarer Wortbruch, wenn man sich zu Gemüte führt, wie vehement sich die Spitzenpolitiker der SPD vor der Bundestagswahl gegen ein Bündnis mit CDU und CSU gewehrt haben.

„Opposition ist scheiße!“

Auch wenn vor allem der zweite Grund wirklich stichhaltig ist (da mit einem solchen Wortbruch zwangsläufig ein Glaubwürdigkeitsproblem entsteht), bin ich der Meinung, dass Koalitionsverhandlungen – und auch die spätere Bildung einer Regierung – für die SPD konsequent sind. Nicht ohne Grund hat der damalige Parteivorsitzende Franz Müntefering gesagt: „Opposition ist scheiße!“

Ich bin mir absolut sicher, dass dieser Satz, so polemisch er auch sein mag, absolut zutrifft. Wir müssen uns doch nur folgende Frage stellen: Würde in den nächsten vier Jahren eine gesetzlicher, flächendeckender Mindestlohn eingeführt, wenn die SPD nicht an der Regierung beteiligt wäre? Höchstwahrscheinlich nicht. In einer einer Großen Koalition wird der Mindestlohn aber zum Gesetz werden, da bin ich mir sicher – immerhin ist er die Forderung Nr. 1 der SPD für Koalitionsverhandlungen. Ganz zu schweigen davon, dass auch andere Forderungen der SPD verwirklicht würden.

Versteht mich bitte nicht falsch: Ich bin kein Verfechter der Großen Koalition! Aber was sind die Alternativen? Eine Koalition mit der Linkspartei, an deren Spitze eine Kommunistin steht, die unser heutiges Demokratieverständnis mit größter Wahrscheinlichkeit verachtet, und einem ehemaligen Vorsitzenden im Hintergrund, dessen einziges Ziel es war und ist, die Sozialdemokratie zu diskreditieren? Oder Neuwahlen, in denen einen realistische Wahrscheinlichkeit bestünde, dass die Union die absolute Mehrheit erreicht – und dann ein sozialdemokratischer Einfluss auf die deutsche Politik unmöglich wird?

Eine Koalition ist immer auch ein Kompromiss zwischen zwei Partei- und Wahlprogrammen. Mit der Union ist dies für die SPD nicht anders, als es mit den Grünen bei einem Wahlsieg gewesen wäre – auch wenn der Kompromiss hier nicht so groß ausfiele. Auch deswegen bin ich den festen Überzeugung, dass vier weitere Jahre in der Opposition verschenkte Zeit sind. Eine Regierungsbeteiligung – auch mit CDU und CSU – ist ein Gewinn. Für das Allgemeinwohl. Für die Sozialdemokratie. Und ganz besonders für jeden einzelnen Bürger.

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
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