Gedanken zur Woche #62

3. Mai 2015 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Immer pünktlich am Sonntag Abend: eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Geschehnisse der vergangenen sieben Tage, verbunden mit einem kurzen Kommentar. Das sind die #GedankenZurWoche! Die Themen in der heutigen Ausgabe: Die vermeintliche „Entmachtung“ des griechischen Finanzministers, sozialdemokratische Kanzlergedanken, eine Debatte um die Abschaffung des Alten Testamentes, die „Umkehr“ der Pegida-Frontfrau Kathrin Oertel, sowie philosophische Gedanken zum Wesen der Geisteswissenschaften.

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Koalitionsverhandlungen sind auch für die SPD konsequent!

20. Oktober 2013 Gesellschaft
von Matija Vudjan
Heute hat der Parteikonvent der SPD zum zweiten Mal nach der Bundestagswahl im September getagt. Zentrale Frage war, ob die Sozialdemokraten Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU aufnehmen sollen. Wie erwartet hat sich die Versammlung heute mit einer großen Mehrheit dafür ausgesprochen. An der Parteibasis hingegen wird der Widerstand gegen Schwarz-Rot immer größer. Trotzdem sind Koalitionsverhandlungen meines Erachtens konsequent. Warum ich so denke, möchte ich im folgenden ausführen:

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Totgesagte leben bekanntlich länger

12. Juli 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan
Der Koalitionsvertrag: einiges wurde schon verwirklicht.

Ein Jahr ist es jetzt her, dass in NRW eine Minderheitsregierung gebildet wurde – sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene war dies ein Novum. Deshalb war es damals auch nicht übertrieben, dass der rot-grünen Koalition von vielen Oppositionspolitikern nur eine kurze Lebensdauer prognostiziert wurde.

Umso erstaunlicher ist es, dass im bevölkerungsstärksten Bundesland auch heute noch eine Minderheitsregierung an der Spitze steht. Und macht ihre Arbeit bisher sehr gut (man beachte, dass Rot-Grün im Landtag keine eigene Mehrheit hat); immerhin sind bisher viele Aspekte des Koalitionsvertrages verwirklicht worden, darunter auch die zentrale Punkte der Abschaffung der Studiengebühren (ab dem Wintersemester 2011/2012) sowie der Abschaffung der KiTa-Gebühren (steht kurz bevor).

An dieser Stelle möchte ich mir einen kurzen Vergleich zur Situation in Berlin erlauben: Dort bekam die FDP bei der Bundestagswahl 2009 sensationelle 14,6 Prozent – hauptsächlich, weil sie im Wahlkampf in großen Tönen Steuersenkungen versprach. Weil sich dies als Lüge herausstellte, dümpelt die Partei heute nur noch bei ungefähr 5 Prozent herum – Tendenz fallend. Um genau dies zu verhindern, möchten die Liberalen ihr Wahlversprechen im (Wahl-)Jahr 2013 endlich erfüllen (wie sollte es auch anders sein). Dabei übersehen sie offensichtlich, dass viele Deutsche inzwischen keine Steuersenkungen mehr wollen, sondern mehr Wert auf den inzwischen positiv verlaufenden Schuldenabbau legen.

Im Allgemeinen erscheint die „bürgerliche“ Koalition in Berlin bei weitem nicht so stabil wie die rot-grüne Regierung in Düsseldorf, und das, obwohl sie (anders als die Nordrhein-westfälischen Kollegen) eine satte Mehrheit im Parlament haben. Während auf Bundesebene kein klarer politischer Kurs erkennbar ist (man erinnere sich nur an den Zick-Zack-Kurs in der Atomdebatte), ist die Regierung in NRW deutlich bemüht, eine bevölkerungsfreundliche Politik zu betreiben. Dies wirkt sich natürlich auch in den Umfragewerten der Parteien bzw. Regierungen aus: Wenn am kommenden Samstag Bundestags- bzw. Landtagswahl wäre, müsste die Koalition in Berlin starke Verluste hinnehmen. In Düsseldorf würde die Regierung hingegen deutlich in ihrem Amt bestätigt werden.

Foto: nrwspd.de

Eine Zäsur ist es – fragt sich nur, für wen…

28. März 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Die Bundesregierung und insbesondere Bundeskanzlerin Merkel sprachen vor zwei Wochen von einer Zäsur in der Deutschland, als das Moratorium für die sieben ältesten deutschen AKWs beschlossen waren. Nach dem gestrigen Wahlsonntag kann man durchaus von einer Zäsur sprechen – allerdings nicht in der deutschen Energiewirtschaft, sondern viel mehr in der deutschen Politik.

Tatsache ist, dass sich Schwarz-Gelb in den letzten Wochen mit fast jeder Entscheidung blamiert hat. Die Kurswechsel von Union und FDP, die eine maximale Halbwertszeit von einer Woche haben, haben letzten Endes dazu geführt, dass auch der (vermeintlich) letzte Wähler begriffen hat, dass die Regierungskoalition nur aus Lobbypolitikern besteht, die nur das wirtschaftliche Wohl der großen Konzerne im Sinn haben und dabei alles andere (und teilweise auch wichtigere) vergessen. Die Quittung für dieses Wählerverachtende Verhalten ist das Wahlergebnis in Baden-Württemberg.

Auch einen weiteren Punkt kann man sicherlich als Prämisse für das gestrige Wahlergebnis sehen: Ohne die Atomkatastrophe in Japan hätten die Grünen gestern nie ein Ergebnis von 24,2% erreicht. Und man darf auch nicht vergessen, dass der baldige Ministerpräsident Winfried Kretschmann durchaus auch als konservativer CDU-Politiker durchgehen würde – auch das hat gestern für den Wahlausgang sicher ausschlaggebend. Für die Grünen ist dieses Ergebnis die große Chance. Sie können endlich zeigen, dass sie dazu in der Lage sind, realistische Politik zu betreiben; als stärkere der beiden Regierungsparteien liegt auf ihnen ein zusätzlicher Druck. Nichtsdestoweniger glaube ich, dass die Grünen es schaffen werden, eine Realo-Politik zu betreiben, die auch den konservativen Schwaben oder Baden positiv stimmen wird.

Trotz alledem glaube ich auch, dass die Grünen der SPD auf Dauer (sowohl im Bund als auch in den Ländern) nicht gefährlich werden kann. Dafür ist die sozialdemokratische Partei in der breite der politischen Themen doch zu stark aufgestellt (und die Grünen sind immer noch zu sehr auf die Energiepolitik fokussiert). Allerdings muss sich die SPD fragen, warum sie innerhalb von zwei Wochen zwei Mal nur auf Platz drei in der Wählergunst war. Denn sollte sich die Regierung tatsächlich wieder fangen (wozu es m. E. in näherer Zukunft zwar nicht kommen wird), stünden für die SPD wirklich düstere Zeiten an.

Ist die Gesellschaft von heute noch dankbar?

18. Oktober 2010 Gesellschaft
von Matija Vudjan

„Back to the roots“ könnte man sagen, wenn man folgende Nachricht hört. Mehrere konfessionslose Mitglieder der SPD haben sich am Wochenende in Berlin getroffen, um über einen möglichen zukünftigen „Arbeitskreis Laizistinnen und Laizisten in der SPD“ (d. h. einen Arbeitskreis, der für eine stärkere Trennung von Staat und Kirche sorgen soll) vorbereitend zu diskutieren. Durch die Schaffung eines solchen Arbeitskreises wollen die Genossen erreichen, dass die SPD der (katholischen) Kirche gegenüber wieder kritischer wird, so wie sie es bereits vor dem Godesberger Programm, das 1955 beschlossen wurde, waren. Es ist jedoch fraglich, ob der Parteivorstand, der als einziger in der SPD einen neuen Arbeitskreis schaffen darf, dies tun wird; denn laut einer Parteisprecherin hat dieser momentan sowie in naher Zukunft nicht vor, einen laizistischen Arbeitskreis zu gründen.

Auch wenn es also wahrscheinlich gar nicht erst zu solch einem Arbeitskreis kommen wird, ist es trotzdem traurig, dass einige Politiker die christliche Tradition, von der Deutschland schon immer geprägt war, einfach „abschaffen“ wollen. Ein Grund dafür ist zwar sicherlich, dass sich Agnostizismus und Atheismus in den letzten Jahren in einer immer mehr säkularisierten Gesellschaft deutlicher ausbreiten konnten als zuvor. Allerdings ist die christlich-abendländische Tradition und Kultur so tief in der deutschen bzw. europäischen Gesellschaft verankert, sodass es ein kapitaler Fehler wäre, sie einfach zu „begraben“.

Sicherlich mag es anderen Religionsangehörigen sowie konfessionslosen gegenüber einen komischen Eindruck machen, wenn in vielen öffentlichen Gebäuden ein Kruzifix hängt. Es hat aber auch nichts mit der Trennung von Staat und Kirche zu tun, wenn man gesetzlich festlegt, dass ein solches „Zeichen“ ab sofort verboten ist. Denn die Kirche hat erst dafür gesorgt, dass die heutigen westlichen Standards wie Menschenrechte oder die weitreichende Kultur zustande gekommen sind. Man kann deshalb auch bewusst sagen, dass es das heutige, vereinte Europa ohne den kirchlichen Einfluss definitiv nicht gegeben hätte.

So wie den konfessionslosen SPD-Politikern geht es heute mit Sicherheit auch vielen anderen Menschen in Deutschland. Natürlich kann man diesen Menschen nicht befehlen, an Gott zu glauben oder beispielsweise der Kirche beizutreten, was schließlich gegen das Grundgesetz verstößt. Man kann von solchen Menschen allerdings Respekt dem Christentum und der Kirche gegenüber fordern. Respekt gegenüber der Leistung der Kirche, am heutigen Europa und an der heutigen westlichen, freien Gesellschaft maßgeblich beteiligt gewesen zu sein.

Der deutsche Staat zollt der Kirche bereits den nötigen Respekt, indem er z. B. Die Kirchensteuer für sie einzieht und die Kirche auch anderweitig mit Staatsleistungen unterstützt. Einen solchen Respekt würde ich mir auch von den Politikern der SPD wünschen, die den Arbeitskreis gegen die westlichen Traditionen und die westliche Kultur, die von der Kirche geprägt wurde, also gegen sich selbst gründen wollen.