Gedanken zur Woche #62

3. Mai 2015 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Immer pünktlich am Sonntag Abend: eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Geschehnisse der vergangenen sieben Tage, verbunden mit einem kurzen Kommentar. Das sind die #GedankenZurWoche! Die Themen in der heutigen Ausgabe: Die vermeintliche „Entmachtung“ des griechischen Finanzministers, sozialdemokratische Kanzlergedanken, eine Debatte um die Abschaffung des Alten Testamentes, die „Umkehr“ der Pegida-Frontfrau Kathrin Oertel, sowie philosophische Gedanken zum Wesen der Geisteswissenschaften.


Gianis Varoufakis ist (Medienberichten zufolge) nicht mehr länger für die Verhandlungen Griechenlands mit seinen Geldgebern zuständig. Auch wenn ich dies nicht als klassische „Entmachtung“ sehe – Varoufakis wäre sonst ja nicht weiter Finanzminister –, halte ich diese Entscheidung dennoch für einen Fehler: Varoufakis ist Wirtschaftsprofessor mit Aufenthalten an mehreren renommierten Universitäten. Er ist also in seinem Fach deutlich profillierter als so mancher Amtskollege…

Die Entmachtung Varoufakis‘ offenbart aber auch eine Schwachstelle in der gegenwärtigen Politik: In der Regel haben fachfremde Personen einen Ministerposten – und damit auch Entscheidungsgewalt – inne! Warum ist z. B. unser Finanzminister Jurist und nicht Ökonom? Warum hat in der vergangenen Legislaturperiode ein Augenarzt dieses Amt ausgeübt? Ich weiß, dass in Ministerien auch Menschen „vom Fach“ sitzen, aber diese tragen i. d. R. nicht die letztliche Verantwortung! Für mich ist das zugegebenermaßen unverständlich!

In der SPD wird bereits über den möglichen Kanzlerkandidaten für 2017 diskutiert. Von der Frage abgesehen, warum man eine solche Frage schon heute diskutiert, möchte ich die Prognose wagen, dass niemand eine Chance gegen Angela Merkel haben wird – sofern diese natürlich ein weiteres Mal antritt. Der Grund dafür ist ein einfacher wie fataler: Entscheidend sind nicht Parteiprogramme, sondern Persönlichkeiten! In Zeiten von Adenauer, Brandt und Kohl war das aber wohl nicht anders…

In der evangelischen Theologie wird momentan eine intensive Debatte darüber geführt, ob das Alte Testament als „kanonisch“ im Sinne von ‚das Wesen des Christentums darstellend‘ bezeichnen kann. Ich kann der Komplexität dieser Frage hier unmöglich gerecht werden, deswegen meine Position in Kürze: Diese Debatte wird nur deswegen geführt, weil AT und NT voneinander getrennt betrachtet werden! Die Frage stellt sich erst nicht, wenn AT und NT als Kontinuitätsgeschehen gedacht werden!

Besser spät als nie, möchte man meinen: In einem Video hat sich die Pegida-Mitbegründerin, Kathrin Oertel, kritisch zu den ausufernden Hetzkampagnen gegen Ausländer und Muslime geäußert und dabei kundgetan, dabei selbst ein Gefühl der Reue (und Verantwortung) zu empfinden. Zugleich hat sie versprochen, sich dafür einzusetzen, dass die Situation wieder „in Ordnung kommt“. Wollen wir hoffen, dass dieser Wandel ein wahrer ist – dann nämlich könnte er eine große Strahlkraft haben!

Zum Abschluss der heutigen Ausgabe der „Gedanken zur Woche“ habe ich noch eine Leseempfehlung für euch: Der – von mir sehr geschätzte – Philosoph Julian Nida-Rümelin hat in der aktuellen Zeit einen Beitrag über die gegenwärtige (Fehl-)Behandlung der Geisteswissenschaften durch Politik und Wissenschaftsbetrieb kritisiert:
Die Verschulung des Geistes

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
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