Katholikentag 2018 – ein erster Bericht

12. Mai 2018 Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan
Nach dem Festgottesdienst zu Christi Himmelfahrt.
Alle Fotos: © Matija Vudjan/CC BY-NC-ND 4.0

In dieser Woche findet der 101. Katholikentag in Münster statt – und ich nehme als Besucher daran teil. Nachdem meine Berichte vom Evangelischen Kirchentag in Stuttgart vor drei Jahren so gut angekommen sind, habe ich mich dazu entschieden, meine Eindrücke auch dieses Mal schriftlich festzuhalten. Es folgt also ein sehr persönlicher (!) Erfahrungsbericht der ersten zwei Tage.

Präludium: Die Eröffnung am Mittwoch

Suche Frieden: das Motto des Münsteraner Katholikentags. Foto: Katholikentag.de

Offiziell fängt der Katholikentag schon am Mittwochabend an, unsere kleine Reisegruppe hat sich aber entschieden, erst am Donnerstag nach Münster zu fahren. Vorher gibt es noch andere Verpflichtungen – und die Eröffnungsfeier wird im Fernsehen übertragen. Da das Bistum Münster unser Nachbarbistum ist und wir es (vergleichsweise) gut kennen, haben wir uns auch dagegen entschieden, am „Abend der Begegnung“ teilzunehmen.

18.000 Menschen haben laut offiziellen Angaben an der Eröffnungsveranstaltung mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem ZdK-Vorsitzenden Thomas Sternberg teilgenommen – deutlich mehr, als die Veranstalter erwartet haben. Es ist die Rede von einem der besten und erfolgreichsten Eröffnungsabende seit vielen Katholikentagen. Mit über 50.000 Dauerteilnehmer*innen und 21.000 Tagesgästen ist es „der größte Katholikentag“ seit 1990 in Berlin. Jedenfalls drängt sich (fast) der Eindruck auf, dass die Veranstalter mit so viel Andrang nicht gerechnet haben. Doch dazu später mehr.

Tag 1 (Donnerstag) – Anreise, Eucharistiefeier, Jüdische Feste… und Regen.

Essen, 7.30 Uhr. Etwas mehr als eine Stunde dauert die Fahrt von Essen nach Münster mit der Bahn. Wir haben uns dazu entschieden, nicht in Münster zu übernachten, sondern zwischen Ruhrgebiet und Friedensstadt zu pendeln. Ein Fehler, wie sich noch herausstellen wird.

Aber: Bahnfahren macht, wenn denn alles glatt geht, viel Spaß – und gerade in einer kleinen Gruppe vergeht die Zeit wie im Flug. Pünktlich um 7.44 ist eine (fast leere) Bahn am Essener Hauptbahnhof losgefahren – und wird uns bis um 8.52 Uhr nach Münster gebracht haben. Unterwegs steigen viele Menschen ein – sie alle fahren auch zum Katholikentag.

In Münster angekommen, gilt es, sich einen Weg durch die Menschenmassen zu schlagen – alle sind auf dem Weg zum Schloßplatz, wo die zentrale Eucharistiefeier anlässlich des Hochfestes Christi Himmelfahrt stattfindet. 25.000 Teilnehmende sind es insgesamt. Der Weg dauert ein wenig länger als die eigentlich veranschlagten 15 Minuten, aber um 9.40 Uhr – und damit noch deutlich vor Beginn der Eucharistiefeier – sind wir an Ort und Stelle.

Über die Mikrofone wird die Gemeinde gerade eingestimmt auf die bevorstehende Hl. Messe: „Wir feiern hier zwar gerade den Katholikentag, aber heute ist ja auch das Hochfest Christi Himmelfahrt…“ ‚Gute Prioritäten‘, denke ich mir (gerade da die Eucharistiefeier ja nicht als Eröffnungsgottesdienst des Katholikentages fungiert) und hoffe, dass sich dieser Eindruck während der Hl. Messe nicht verfestigen wird.

Was dann geschieht, ist das genaue Gegenteil: Wir dürfen an einer wunderschön gestalteten Eucharistiefeier teilnehmen, die alleine schon durch ihre sinnenhaften Zeichen zu überzeugen weiß: Das Verwenden einer riesigen Zelebrationshostie und nur eines Messkelches; der Friedensgruß, der schon nach den Fürbitten gegeben wird; das Eindecken des Altares zur Gabenbereitung, um hier nur einige wenige zu nennen, machen den Gottesdienst zu einer im wahrsten Sinn der Wortes inspirierenden Erfahrung.

Zudem weiß Bischof Genn durch eine starke Predigt zu überzeugen: Angelehnt an das Thema des Katholikentags („Suche Frieden“) und an die gegenwärtige gesellschaftliche und (welt)politische Lage macht er deutlich: Die Auferstehung und Himmelfahrt Christi und die Gabe des Heiligen Geistes – die unbedingt in einem Zusammenhang zu denken sind – eröffnen eine dezidiert christliche Verantwortung für die Welt: Wir müssen uns der Welt zuwenden, um an der Erfüllung des Reiches Gottes mitzuwirken. Aus der Kraft der Auferstehung heraus – so der Bischof – ist Frieden möglich. Dass dabei die Perspektive der Opfer nicht unterschlagen werden darf, wird auch deutlich: so zeigten die Stigmata Jesu, dass keine Wunde dieser Welt vergessen werde.

Nach der Eucharistiefeier, die von strahlendem Sonnenschein begleitet wurde, ändert sich das Wetter – und damit leider auch die Atmosphäre und die Erfahrungen des ersten Tages: Es setzt ein strömender Regen ein, der uns (beinahe) den ganzen Tag begleiten wird. Die Erkenntnis des ersten Tages: Ohne Regenschirm (den wir fatalerweise nicht dabei hatten!) sollte man sich nicht auf der (leider nicht überdachten!) Kirchenmeile und in der Münsteraner Innenstadt aufhalten – es sei denn, man steht darauf, bis auf die Knochen nass zu werden!

Nachdem wir also etwa zwei Stunden auf der Kirchenmeile verbracht haben – ohne dabei aber viel gesehen zu haben, dafür war der Andrang zu groß und der Regen zu stark – haben wir es immerhin rechtzeitig zur Veranstaltung „Die Feiertage: Pessach, Wochenfest und Laubhüttenfest – Einführung in die jüdische Liturgie“ mit Dr. Uri Kaufmann (Leiter der Alten Synagoge in Essen) und Prof. Dr. Andreas Nachama (Historiker und Rabbiner) geschafft. Hier sind viele Anekdoten über das jüdische Leben vermittelt worden; persönlich hätte ich mir aber gerne etwas mehr fundierte Infos gewünscht (dazu in den kommenden Tagen aber ein ausführlicherer Bericht). Wissenswert ist jedenfalls: Juden ist es verboten, Ochsenblut zu nutzen, um Wein zu färben.

Den restlichen Nachmittag haben wir – abgesehen vom Durchqueren der Münsteraner Innenstadt – damit verbracht, uns den Paulusdom und die Ausstellung „Europakreuze – Für eine gemeinsame Erinnerungskultur in Europa“ anzuschauen. Beides ist leider keine Empfehlung wert: Der Dom war durch die Aufbauten für ein anstehendes Konzert seiner inneren Struktur beraubt und glich (aufgrund des Besucherandranges) zudem mehr einem Basar denn einem Gotteshaus. Die Ausstellung ‚überzeugt‘ dadurch, dass 120 Holzkreuze an einem Ort aufgeschlagen sind – ohne Erklärung, ohne Kommentar, ohne Führung.

Den Abschluss des Tages bildete – nach einem durchwachsenen Nachmittag – die „Nacht der Lichter“: ein Programmpunkt, der endlich zu überzeugen wusste, den wir aber aufgrund unserer Rückfahrt ins Ruhrgebiet leider schon vorzeitig verlassen mussten. Nichtsdestoweniger: Der Moment, in dem „Christus, dein Licht“ gesungen wird und gleichzeitig eine ganze Halle von Kerzenschein erleuchtet wird, hat etwas Besonderes an sich!

Tag 2 (Freitag) – eine einzige Katastrophe

Der gestrige Tag hat mit einer ‚Hiobsbotschaft‘ angefangen, die – wie sich retrospektiv herausgestellt hat – paradigmatisch für den ganzen Tag sein sollte. Die Bahn, die wir eigentlich nach Münster nehmen wollten, ist ausgefallen. Damit kann ich persönlich schon den gesamten zweiten Tag zusammenfassen: als nichts anderes als einen Totalausfall!

Nachdem wir also eine halbe Stunde auf die nächste Bahn gewartet haben, ist schon absehbar gewesen, dass wir es nicht mehr pünktlich zum Podium schaffen würden, an der wir eigentlich teilnehmen wollten: „Liebe, Ehe, Sex – (un)zeitgemäße Ansichten der Kirche? Über die Bedeutung der Theologie des Leibes“. Immerhin: die zweite Bahn ist pünktlich in Münster angekommen ist und wir haben uns sehr beeilt, sodass wir etwa fünf Minuten verspätet am Veranstaltungsort angekommen sind – nur um zu erfahren, dass der Einlass schon eine halbe Stunde vor Beginn der Veranstaltung wegen Überfüllung gesperrt war.

Also: Kontrastprogramm Kirchenmeile. Dieses Mal immerhin bei Sonnenschein – trotzdem natürlich kein Vergleich zu der verpassten Veranstaltung, an der wir wirklich gerne teilgenommen hätten.

Mit Blick auf die nächste vorgesehene Veranstaltung (das Podium „Störfaktor Religion – wieviel Glaube verträgt die Öffentlichkeit?“) haben wir uns entschieden, rechtzeitig an Ort und Stelle zu fahren, um nicht schon wieder ausgesperrt zu werden. „Rechtzeitig“ ist aber offenkundig Definitionssache:

Angekommen eine Dreiviertelstunde vor Beginn der Veranstaltung, dürfen wir feststellen, dass mehrere Hundert Menschen vor dem Einlass warten. Keine Chance, das ist schon jetzt klar – und stellt sich schnell als Tatsache heraus: Der Einlass wird nur wenige Augenblicke nach unserer Ankunft wegen Überfüllung geschlossen. Wie ich später mitbekomme, sind einige Leute schon zweieinhalb Stunden (!) vor Beginn der Veranstaltung zum Veranstaltungsort gekommen.

Zwei von zwei geplanten Podien verpasst – noch dazu musste ich wegen eines Termins schon früher zurück nach Essen aufbrechen. Deswegen habe ich auch den Film „Papst Franziskus – ein Mann seines Wortes“ von Wim Wenders, der im Rahmen des Katholikentags exklusiv läuft, nicht sehen können. Ein mehr als gebrauchter Tag – faktisch bin ich heute umsonst nach Münster gekommen…

Nach zwei Tagen: Ein Zwischenfazit

Zwei Tage sind vergangen – und mein persönliches (!) Fazit ist leider Gottes verheerend: Bisher werde ich nicht den Eindruck los, dass die Veranstalter mit dem Besucheraufkommen vollkommen überfordert sind (nachdem die Erfahrungen beim Katholikentag vor zwei Jahren in Leipzig in dieser Frage eher schlecht waren)! Wo ich bisher auch gewesen bin: entweder war die Veranstaltung überfüllt – oder ich bin genau deswegen gar nicht erst hineingekommen. Die 53€, die ich für die ermäßigte (!) Dauerkarte bezahlt habe, haben sich bisher leider als eine reine Fehlinvestition erwiesen.

Ich hoffe, dass sich mein Eindruck heute noch ändern wird, aber realistisch eingeschätzt werden die vielen Menschen, die sich gerade in Münster befinden, nicht über Nacht verschwinden.

So kann ich für mich bisher nur zusammenfassen: Den einzigen persönlichen Mehrwert hat mir bisher die Eucharistiefeier (und mit Abstrichen die „Nacht der Lichter“) gebracht. Ich habe bisher kein Podium besuchen können (obwohl das der Hauptgrund für meinen Besuch auf dem Katholikentag ist) – und habe die Befürchtung, dass es so bleiben wird.

Was bleibt, ist Frustration und pure Enttäuschung: Münster, bisher bist du ein Reinfall…

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
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