Kurz gedacht: #StimmeErheben – aber nicht nur heute!

25. Juli 2014 Gesellschaft
von Matija Vudjan
Der wieder ausgebrochene Krieg in Israel und Palästina hat hierzulande ein Fass zum Überlaufen gebracht, das offenkundig (und unterschwellig) schon lange voll war: In den letzten Tagen haben sich antisemitisch geprägte Demonstrationen gegen den israelischen Staat sowie Übergriffe gegen Juden stark vermehrt. Von der Politik wird dies stark zurückgewiesen, die Zeitungen des Axel-Springer-Verlags haben dem Thema unter dem Hashtag #stimmeerheben einen eigenen Thememtag gewidmet. Das ist gut – aber noch nicht genug.


Das Erschreckende der antisemitischen Übergriffe in diesen Tagen ist meines Erachtens – neben den Übergriffen selbst –, dass diese eines ganz deutlich offenbaren: Der Judenhass, der Antisemitismus ist offenkundig nie aus Deutschland verschwunden! Vielmehr war er – wenn auch eher unterschwellig – auch nach den katastrophalen Erlebnissen des 2. Weltkrieges immer präsent. Angefangen bei Mitglieder des Nazi-Regimes, die nach dem Krieg weiter Teil der Gesellschaft waren, über die Entstehung und Entwicklung linksautonomer und -radikaler Gruppierungen in den 70er Jahren, bis hin zu arabischen, antiisraelischen Einwanderern. Ich könnte; diese Auszählung sicherlich noch erweitern; der Grundgedanke sollte aber klar sein: Auch die Katastrophe des 2. Weltkrieges hat eine Unterwanderung eines Teiles der Gesellschaft von antisemitischen Gedanken nicht verhindern können. Das ist schlicht und ergreifend schrecklich!

Bei den vielen Demonstrationen, die in den vergangenen Tagen stattfanden – eine davon habe ich in Essen selbst (aus kleiner Entfernung) erlebt – ging es, so viel scheint mir klar zu sein, nie um Kritik an der israelischen Staatspolitik, sondern immer um das jetzt aktive und öffentliche Vortragen eines antisemitischen Gedankenguts! Es ist zweifelsohne legitim, die israelische Strategie im gegenwärtigen Konflikt zu kritisieren oder anzuzweifeln – angesichts so vieler Opfer auf palästinensischer Seite muss halte ich dies aus demokratischer Sicht sogar für eine Pflicht. Wer aber das Existenzrecht Israels – wie in den vergangenen Tagen mehrfach geschehen – öffentlich in Frage stellt, setzt kein politisches Statement, sondern betreibt einen primitiven Antisemitismus – und ist somit schlicht und ergreifend kein Demokrat! So jemand darf in unserem Land, in unserer Gesellschaft keinen Platz finden!

Angesichts der Geschehnisse in den vergangenen Tagen halte ich es für wichtig, dass sich im Grunde alle ranghohen Politiker kritisch geäußert haben, die antisemitischen Demonstrationen gar gegeißelt haben. Die Aktion #stimmeerheben der Axel-Springer-Blätter finde ich in diesem Zusammenhang ebenfalls wirklich bemerkenswert. Aber: das Problem ist dadurch noch lange nicht gelöst! Zu dieser Eskalation konnte es erst deswegen kommen, weil in unserer Gesellschaft immer noch ein latenter, wenn auch unterschwelliger Rassismus vorherrscht. Es ist richtig, dass wir unsere #stimmeerheben. Aber nicht nur heute, sondern immer! Und zwar nicht nur per Hashtag, sondern auch und insbesondere, wenn wir im Alltag Rassismus begegnen!

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
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