Auch nach dem ereignisreichen Wochenende, an dem in öffentlich wurde, dass Uli Hoeneß in unbeschreiblichen Mengen Steuern hinterzogen hat (s. meinen Kommentar vom 21.04.), bestimmen die Bayern auch zu Wochenbeginn die deutschen Schlagzeilen. Wie ihr alle wisst, wurde heute morgen sowohl vom BVB als auch vom FCB bestätigt, dass Mario Götze zur nächsten Saison für die festgeschriebene Ablösesumme von 37 Millionen € (!) an die Isar wechselt.
Wie so oft könnte man auch in diesem Fall von einem – für bayerische Verhältnisse – normalen Transfer sprechen. Tatsächlich aber ist die Person Uli Hoeneß in das Geschehen stärker verwoben als man erahnen könnte. In diesem Kommentar möchte ich dem nachgehen.
Warum schrieb ich gerade von einem „normalen Transfer“? Aus Dortmunder Sicht kann man dies sicherlich nicht behaupten, gerade weil die Entscheidung Götzes in einem krassen Gegensatz zu seinen bisherigen Aussagen zu seiner Zukunft steht (darauf möchte ich hier aber nicht weiter eingehen). Betrachtet man aber die Münchener, so ist der Spielerwechsel schlicht und ergreifend ein Abbild der bayerischen Transferpolitik der letzten 15 Jahre. Uli Hoeneß hat selbst vor kurzem zugegeben, dass der FCB schon immer die Doktrin verfolgte, seinen sportlichen Gegner entscheiden zu schwächen; dies erreicht man, indem man die Spieler der gegnerischen Mannschaft aufkauft. Und da die Bayern bekanntlich ein prall gefülltes Festgeldkonto haben, lässt sich eine solche Politik ziemlich einfach durchsetzen.
In dieses Schema passt auch die Tatsache, dass der Transfer heute – also einen Tag vor der Champions-League-Partie des BVB gegen Real Madrid – durchgesickert ist: letztlich soll durch die Meldung der Gegner nur aus seiner Ruhe gebracht und somit geschwächt werden. In dieses Bild passt auch, dass die Borussia vom FC Bayern über die Verhandlungen mit Götze nicht informiert wurde (was an sich schon nach FIFA-Regeln eine Straftat darstellt, aber das ist eine andere Sache). Ganz zu schweigen davon, dass mit der heutigen Meldung niemand mehr über den Schwerkriminellen Uli Hoeneß redet (ein Schelm, wer hier eine absichtliche Handlung vermutet).
Die Bayern sind bei der Causa Götze also ihrer traditionellen Strategie treu geblieben. Wie man dies bewertet, sei jedem selbst überlassen. Mir ist die Geschichte viel mehr aus einem vollkommen anderen Grund ein Dorn im Auge – denn sie hat erstaunliche Parallelen zur Hoeneß’schen Steueraffäre. Um diese zu erkennen, ist folgende Aussage des Bayern-Präsidenten wichtig:
„Ich finde schon, dass wir uns Gedanken machen müssen, dass die oberen zwei, drei Klubs nicht total davonlaufen, dass die anderen mithalten. […] Vielleicht sehe ich das auch überspitzt. Aber mein Bauch sagt mir, dass im Moment nicht alles in Ordnung ist, wie es in der Bundesliga ist.“
Diese drei Sätze sind gerade einmal eine Woche alt. Umso mehr offenbaren sie nochmals die Doppelmoral, mit der Hoeneß schon seit Jahren lebt. Sicher – Mario Götze ist vielleicht das größte Talent, das der deutsche Fußball je gesehen hat; und jeder Club, der an sich selbst hohe Ansprüche stellt, muss Interesse an einem Spieler von solchem Format haben. Aber man kann doch nicht solch eine Aussage tätigen, wenn man den sportlichen Gegner nur eine Woche zuvor entschieden geschwächt hat! Gerade deshalb erscheint die Aussage Hoeneß‘ aus heutiger Sicht wie pure Heuchelei. So sorgen die heutigen Ereignisse dafür, dass das Bild von Uli Hoeneß neben dem sozialen auch einen großen sportlichen Kratzer bekommt.