Uli Hoeneß und die Doppelmoral

21. April 2013 Ethik, Gesellschaft
von Matija Vudjan
Diese Nachricht hat uns gestern wohl alle überrascht: Uli Hoeneß, der Präsident des FC Bayern München, hat laut Focus bei der Staatsanwaltschaft München Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung eingereicht. Einer von vielen, könnte man meinen. Wäre da nicht das Image, das sich Hoeneß über Jahre angeeignet hat…

Im Zwielicht zwischen eigener Moral und Handlung: Uli Hoeneß
Foto: Hubert Burda Media

Wie gesagt: eigentlich ist Uli Hoeneß einer von vielen in der (leider) unendlich langen Liste der deutschen Steuersünder. Aber er ist insofern ein klarer Sonderfall, als dass sein Geständnis in einem krassen Gegensatz zu seinem bisherigen Handeln und sozialem Engagement steht.

Rein sportlich hat in Deutschland noch nie jemand die Nation so sehr gespalten, wie Hoeneß es heute noch tut. Aber auf der menschlichen Ebene galt er bis zuletzt vielen als das ideale Vorbild. Im Laufe seiner Zeit als Manager des FC Bayern machte er den Verein – ohne sich je auf (wirtschaftliches) Glatteis begeben zu haben – zum großen Aushängeschild des deutschen Fußballs auf. Es ging auch auf seine Initiative zurück, dass finanziell stark angeschlagene Fußballclubs wie Borussia Dortmund, Alemannia Aachen oder der 1. FC St. Pauli durch Geldspritzen oder Benefizspiele vor der Insolvenz rettete.

„Je größer wir [der FC Bayern] wurden, desto größer war auch die Bereitschaft, vom erarbeiteten Glück was zurück zu geben.“ (Uli Hoeneß)

Auch außerhalb des täglichen Fußballgeschäfts war es dem Bayern-Präsidenten wichtig, seine Position mit seinem sozialen Engagement verbinden zu können. So formulierte er oft die Ansicht, dass die Oberschicht der Gesellschaft und dem Statt etwas zurückgeben müsse. Erst vor anderthalb Jahren sagte er während einer Podiumsdiskussion: „Je größer wir [der FC Bayern] wurden, desto größer war auch die Bereitschaft, vom erarbeiteten Glück was zurück zu geben.“ Zu diesen Aussagen passt auch die immer wieder neu formulierte Forderung Hoeneß‘, die Korruption in der UEFA/FIFA, durch die die WM 2022 wohl erst nach Katar vergeben werden konnte, zu bekämpfen, sowie das Financial Fairplay innerhalb der UEFA endlich durchzusetzen.

Nicht umsonst wurde Uli Hoeneß in der Öffentlichkeit oft als Gutmensch bezeichnet. Viele Menschen hätten sich sogar vorstellen können, den Wurstmacher eines Tages als Bundespräsident zu sehen. Wäre er einige Jahre jünger,  so würde er für viele Mütter wohl der Traum eines Schwiegersohnes sein.

Eben dieser Uli Hoeneß, von dem bis gestern bis auf seine rigiden sportlichen Attacken nichts moralisch verwerfliches bekannt war, hat jetzt zugegeben, hinterzogene Steuern auf einem schweizerische Konto zu horten. Bereits im Januar hat er Selbstanzeige erstattet – verbunden mit einer Rückzahlung von fast 6 Millionen Euro an das Bayerische Finanzamt. Die Münchener Abendzeitung vermutet deshalb, dass das Konto in der Schweiz mehrere 100 Millionen Euro schwer sei.

Unabhängig davon, wie viele Steuern Hoeneß hinterzogen hat und ob er die Selbstanzeige erst geschaltet hat, nachdem die Staatsanwaltschaft München die Ermittlungen bereits aufgenommen hatte, ist klar: Uli Hoeneß ist an seinen eigenen moralischen und ethischen Ansprüchen gescheitert. Gerade weil er die gängige Praxis so sehr geißelte und selbst das soziale Engagement in höchstem Maße lebte, ist die Fallhöhe bei ihm besonders hoch.

Von Seiten des FC Bayern wird es zwar keine Konsequenten geben, weil der Verein offensichtlich nicht in die dubiosen Geschäfte verwickelt ist. Hoeneß aber muss über sich selbst nach denselben ethischen Maßstäben wie bei allen anderen, die er bisher kritisiert hat, richten. In letzter Konsequenz bedeutet dies, dass er von seinem Amt als Präsident des FC Bayern zurücktreten muss. Denn als Vorbild ist Uli Hoeneß gescheitert.

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
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