„Als am 4. Dezember 1963 die Bischöfe des [Zweiten Vatikanischen] Konzils die Liturgiekonstitution annahmen, wurde damit im lehramtlichen Selbstverständnis der Kirche das Ende des Mittelalters in der Liturgie besiegelt.“
— Klemens Richter
Die katholische Kirche kennt heute zwei nebeneinander stehende Formen der Eucharistiefeier: Seit dem Motuproprio Summorum Pontificum, das Papst Benedikt XVI. im Jahre 2007 veröffentlichte, ist es in der katholischen Kirche wieder erlaubt, die sogenannte tridentinische Liturgie zu feiern. Diese war eigentlich im Zuge der Liturgiereform und der Einführung des neues Messbuchs 1970 abgelöst worden.
Zwischen der ‚neuen‘ und der ‚alten‘ Liturgie – Papst Benedikt bezeichnet sie als „forma ordinaria“ sowie „forma extraordinaria“ – bestehen, das hat die Liturgiewissenschaft in den letzten Jahren und Jahrzehnten erwiesen, vor allem im Hinblick auf die dahinter stehende Theologie, Unterschiede, die nicht von der Hand zu weisen sind. Mit der jeweiligen Feierform sind grundlegende Fragen des Kirchen- und Amtsverständnisses verbunden; es stellt sich auch die Frage nach dem Verhältnis des Katholizismus zu den anderen christlichen Konfessionen sowie zu anderen Religionen, insbesondere zum Judentum (hier habe ich dies bereits einmal angedeutet).
Besteht hier also ein Widerspruch zwischen Theologie und Praxis? Oder ist der von der Liturgiewissenschaft behauptete Widerspruch zwischen den zwei Feierformen überhaupt keiner? Um das herauszufinden, bin ich vor zwei Wochen zusammen mit einigen Kommilitonen zur Priesterbruderschaft Sankt Petrus nach Recklinghausen gefahren, um eine Eucharistiefeier nach dem tridentinischen Ritus zu besuchen. Ein persönlicher Erfahrungsbericht.