Gedanken zur Woche #23

22. Juni 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Bundespräsident Joachim Gauck hat vergangene Woche in einem Interview bekräftigt, dass es unter gewissen Umständen einen gerechten militärischen Einsatz – also Krieg – geben kann. Jakob Augstein hat dazu einen Kommentar geschrieben, dem ich nichts hinzufügen möchte: Heiliges Kanonenrohr!

Papst Franziskus hat die Mafia als „Anhängerschaft des Bösen“ und als exkommuniziert bezeichnet. Richtig so! Das Handeln der Mafia ist alles, aber definitiv nicht christlich! Wollen wir hoffen, dass die Worte des Papstes den richtigen Effekt erreichen – und nicht für ihn selbst zur Gefahr werden.

Die USA und der Iran wollen im Kampf gegen die Terrorgruppe ISIS gemeinsam arbeiten. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, sind die beiden Staaten tief verfeindet. Umso schöner wäre es (auch im Hinblick auf die Gesamtsituation im Nahen Osten), wenn diese Zusammenarbeit zu neuer Diplomatie führte.

Ein Abstecher zur Fußball-WM: Im gestrigen Spiel zwischen Deutschland und Ghana wurde konsequent weggeschaltet, als ein Flitzer auf das Feld sprang. Ebenso war es im Eröffnungsspiel, in dem ein indigener Brasilianer ein Spruchband ausrollte. Warum zeigt man bei diesem Großereignis nicht die Wirtlichkeit, anstatt eine – nicht vorhandene – Idylle zu zeichnen?
Nachtrag, 23.06.: Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der Flitzer Nazi-Parolen auf dem Körper trug. Insofern ist das Umschwenken der Kamera vollkommen richtig. In diesem Sinne richte ich meine Entschuldigung an die FIFA.

Und noch etwas aus dem Fußball: Nach dem WM-Auftaktsieg gegen Portugal wurde die deutsche Mannschaft für die große Präsenz im Mittelfeld gelobt; nach dem gestrigen Spiel gegen Ghana liegt jetzt genau hier die Schwachstelle. Ergo: Statt neutraler Berichterstattung gibt es immer mehr Sensationsjournalismus. Schade.

Gedanken zur Woche #21

8. Juni 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Die USA suchen scheinbar die direkte Konfrontation mit Russland: in Osteuropa wird die militärische Präsenz der NATO mit insgesamt 1 Milliarde Dollar (!) aufgewertet. Warum versteht niemand, dass man Feuer nicht mit noch mehr Feuer bekämpfen kann?

Die Generalbundesanwaltschaft wird aller Voraussicht nach wegen des systematischen Abhörens von Angela Merkels Handy ein Ermittlungsverfahren gegen die NSA einleiten. Mir stellt sich dabei zwangsläufig die Frage: warum ist Merkel entscheidend? Warum nicht alle deutschen Bürger?

Die Entscheidung der EZB, den Euro-Leitzins abermals zu sinken, mag zwar im Hinblick auf Großinvestitionen in Staatsanleihen (und die damit verbundene Ankurbelung der Konjunktur) richtig sein. Aber es kann doch nicht sein, dass dadurch der Sparer bestraft wird! An dieser Stelle muss die Politik dringend Abhilfe schaffen!

Papst Franziskus hat heute tatsächlich mit Shimon Peres und Mahmut Abbas für den Frieden im nahen Osten gebetet. Dass es nicht über Nacht zu Frieden kommen wird, sollte klar sein, aber vielleicht kann das heutige Treffen als Zeichen dienen: als Zeichen, dass man sich wirklich begegnen und dabei respektvoll von Angesicht zu Angesicht schauen kann.

Zum Schluss möchte ich euch noch einen Artikel des Unions-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Volker Kauder, zur Rolle des Christentums in unserer heutigen Gesellschaft ans Herz legen: Deutschland braucht das Christentum

Gedanken zur Woche #20

1. Juni 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Meine leise Hoffnung, die ich in der vergangenen Woche geäußert habe, scheint sich zum Glück bewahrheiten: Papst Franziskus hat den israelischen Staatschef Schimon Peres und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu einem gemeinsamen Gebetstreffen für den Frieden eingeladen und beide haben das Angebot angenommen! Hoffentlich ist das erst der Anfang!

Bundestrainer Joachim Löw hat Nationalspieler Kevin Großkreutz für sein Verhalten nach dem DFB-Pokalfinale gerügt und ihn an seine Vorbildrolle erinnert. Das Problem dabei: mit seinen 18 Punkten in Flensburg in Löw selbst auch alles andere als ein Vorbild. Zumal sein Vergehen deutlich schlimmer ist als das des BVB-Spielers.

Bundeskanzlerin Merkel hat in diesen Tagen für einen handfesten Eklat gesorgt, als sie dem Spitzenkandidaten der EVP, Jean-Claude Juncker, direkt nach der Europawahl nicht mehr ihr Vertrauen ausgesprochen hat. Folgende zwei Karikaturen von Heiko Sakurai beschreiben das Geschehen sehr pointiert, wie ich finde:
Die Wahreren unserer Internet-Rechte
Bekenntnis aus vollstem Herzen

Meriam Ischak ist Mutter zweier Kinder und lebt im Sudan. Sie ist bekennende Christin – und deswegen zu Tode verurteilt. Ihr zweites Kind hat sie vor einigen Tagen in Ketten zur Welt gebracht. Ich hoffe und bete, dass Meriam aus ihrer Haft befreit wird und dass alle Menschen ihre Religion eines Tages frei ausüben werden können.
Unabhängig von diesem Fall habe ich die fehlende Religionsfreiheit in der Welt schon einmal angeprangert: Wo bleibt die Stimme der Religionsfreiheit?

Die Opfer der Missbrauchsfälle werfen der Katholischen Kirche vor, dass sie immer noch nicht gesprächsbereit sei (s. hier). Dass die Aufarbeitung inzwischen systematisiert wurde und Fortschritte macht, ist sicherlich erfreulich (und zwingend notwendig!), aber: wenn die Missbrauchsopfer nicht in diesen Prozess einbezogen werden, ist nichts gewonnen!

Gedanken zur Woche #19

25. Mai 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Eines steht fest: Gewinner der Europawahlen sind die rechtskonservativen Parteien! Dass auch die rechtsradikalen Parteien teilweise stark zugelegt haben, muss Grund zur Sorge sein! Verantwortlich dafür sind m. E. einzig die etablierten Parteien, die ihre Politik faktisch nicht mehr erklären und keine klare Linie mehr verfolgen!

Nichts macht das übrigens so deutlich wie die Wahlbeteiligung: zwar ist sie in Deutschland wohl leicht gestiegen, insgesamt jedoch wird sie wahrscheinlich bei weniger als 25% liegen! Eine Schande, wie ich finde, angesichts der Tatsache, dass wir freie (!) Wahlen als Privileg, ja gar als Ehre verstehen sollten.

So sehr der türkische Ministerpräsident Erdoğan in den letzten Wochen und auch gestern angesichts seines Auftrittes in Köln kritisiert wurde, stimme ich seiner Aussage über die Integration („Integration ja – Assimilation nein!“) vollkommen zu! In den kommenden Tagen werde ich darauf noch näher eingehen.

Papst Franziskus befindet sich momentan im Heiligen Land. Vielleicht bin ich zu optimistisch (und auch pathetisch), aber ich habe die leise Hoffnung, dass er es schaffen kann, Brücken zwischen Israel und Pälästina zu bauen! Immerhin wird ihm offenkundig von beiden Seiten mit großem Respekt begegnet.

Zum Schluss eine neue Schock-Nachricht aus den USA: Ein 22-jähriger hat legal (!) drei halbautomatische Pistolen gekauft und damit sechs Menschen getötet sowie 13 weitere schwer verletzt (siehe hier). Immer wieder stellt sich mir angesichts solcher Tragödien die Frage, was noch geschehen muss, damit sich endlich etwas ändert. Leider befürchte ich, dass ich so schnell keine Antwort darauf bekommen werde…

Gedanken zur Woche #15

20. April 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Die Botschaft von Ostern ist eine Botschaft des Friedens. Das hat heute auch Papst Franziskus in seiner Osteransprache betont – und deswegen für Frieden in den vielen Krisenherden dieser Welt gebetet. Ich möchte mich diesem ganz entschieden anschließen.

Gleichzeitig muss klar sein – und das gilt für jeden einzelnen Krisenherd dieser Welt: Frieden kann man nicht mit Gewalt erreichen. Frieden bedeutet (um in der österlichen Sprache zu bleiben), zu erkennen, dass mir gegenüber ein Nächster steht, der – allen Widrigkeiten zum Trotz – wie ein solcher behandelt werden muss.

Was bedeutet es aber, wenn mir gegenüber ein Nächster steht? Ganz einfach: Ich muss selbst zum Nächsten werden! Im konkreten Lebensvollzug gilt dann eine Lebensregel: „Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen!“ (Mt 7,12)

Wenn wir also in die momentanen Krisenherde der Welt schauen, z. B. in die Ukraine, dann bedeutet dies für alle beteiligten Parteien, die jeweils anderen als gleichwertige Gesprächspartner anzuerkennen und bereit zu sein, mit den eigenen Forderungen flexibel umzugehen.

Wie ein solches Verhalten dann aussehen kann: Der Westen z. B. muss einsehen, dass die militärische Präsenz russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine aus Sicht des Kreml glaubwürdige Gründe haben kann. Russland darf beispielsweise die Übergangsregierung in Kiew nicht weiter als faschistisch bezeichnen oder die USA mit einem Auftritt von Edward Snowden im Staatsfernsehen provozieren.