Uneinigkeit führt zu keinem Ergebnis!

13. September 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Wie aus einer heute veröffentlichten Studie der OECD hervorgeht, investiert Deutschland nur noch 4,8% seines Bruttoinlandproduktes in sein Bildungssystem. Infolgedessen hat nur noch jeder vierte Deutsche einen akademischen Abschluss oder einen Meisterbrief. Im internationalen Vergleich liegt die Bundesrepublik damit weit unter dem Durchschnitt.

Für seine Bildungspolitik hat Deutschland keinen Graduation Hat verdient.

Dass dieses „Phänomen“ einen Grund hat, ist selbstverständlich. Dieser lässt sich auch sehr leicht diagnostizieren, wenn man das deutsche Bildungs- und Schulsystem etwas genauer betrachtet: in Deutschland ist dieses nämlich, im Gegensatz zu den Systemen anderer Länder, föderalistisch geregelt. Und genau hier liegt das Problem für das schlechte deutsche Abschneiden.

In Deutschland gibt es bekanntlich 16 Bundesländer. Was nichts anderes bedeutet, dass es 16 verschiedene Schulsysteme gibt. Welche sich zudem in regelmäßigen Abständen ändern. Man denke nur an den Schulkonsens in NRW: dieser gilt bis 2023 – also nur 12 Jahre. Was danach passiert, ist völlig offen. Auch in Hamburg wurde erst 2008 ein neues Schulsystem beschlossen, welches nach lautstarkem Protest von Lehrern, Eltern und Schülern letztendlich floppte. Allein an diesen zwei Beispielen – gekoppelt mit den Ergebnissen der OECD-Studie – wird deutlich, dass Deutschland in Sachen Bildung großen Nachholbedarf hat. Und an dieser Stelle könnte man noch einige weitere Beispiele aufführen.

Der deutsche Staat muss also ein für die eigene Zukunft existentielles Problem lösen. Und dabei werden alle beteiligten Parteien (Kommunen, Länder, Bund) Abstriche machen müssen. Denn das Problem kann nur gelöst werden, wenn das deutsche Bildungssystem vom Bund für alle Länder verbindlich geklärt wird. Dies wäre gleichbedeutend mit der Aufgabe des Föderalismusprinzips und deshalb gerade für die Länder eine schmerzhafte Niederlage. Und auch für den Bund hieße ein solche Entscheidung nichts anderes als deutlich mehr Verantwortung als bisher.
Neben einem neuen Bildungssystem wäre es auch von Vorteil, Entscheidungen mit einer längeren  Dauer  zu versehen. Es hat keinen Zweck, ein zukunftsträchtiges Gesetz zu verabschieden und dieses dann nur für 10 Jahre gelten zu lassen. Viel mehr sollte es bei wichtigen Regierungsentscheidungen eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestdauer von z. B. 30 Jahren geben. Immerhin gäbe es dann für mehrere Generationen Planungssicherheit.

Dass all diese Maßnahmen schmerzhaft sind, versteht sich von selbst. Allerdings zeigt die OECD-Studie, dass dringender Handlungsbedarf besteht, wenn wir als deutsche Volkswirtschaft zukünftig im internationalen Vergleich noch bestehen wollen. Denn wie heißt es so schön: Kinder sind unsere Zukunft!

Es ist Zeit zum Durchgreifen!

11. September 2011 Ethik, Gesellschaft
von Matija Vudjan

Am vergangenen Mittwoch hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: die Finanzspritzen der Bundesregierung für die Griechenland-Rettung widersprechen nicht dem Grundgesetz. Die Bundesregierung, allen voran Kanzlerin Angela Merkel, hat somit eine wichtige Hürde genommen. Das Urteil des Verfassungsgerichts ist zwar „nur“ auf die Griechenland-Hilfe vom Mai bezogen; allerdings gilt es als sicher, dass die Bundesregierung – mit Zustimmung des Bundestags (dies ist eine zentrale Forderung der Verfassungsrichter) weitere Finanzspritzen für Griechenland beschließen kann, ohne dabei gegen das Grundgesetz zu verstoßen.

Ob im Verfassungsgericht richtig entschieden wurde wird die Zukunft noch zeigen.
(Foto: Tobias Helfrich für Wikipedia)

Trotz dieses vermeintlich positiven Urteils wächst in den Fraktionen von Union und FDP weiter der Unmut. Schon Ende September soll im Bundestag nämlich über ein weiteres Hilfspaket für die klammen Griechen entschieden werden. Merkel und Finanzminister Schäuble setzten sich weiterhin stark dafür ein. Allerdings scheinen immer mehr Parlamentarier von Union und FDP etwas gegen diese Pläne zu haben. Wie der Spiegel Anfang September berichtete, wollen insgesamt 25 Abgeordnete der drei Parteien bei der Abstimmung im Bundestag gegen ein weiteres Hilfspaket stimmen.

Fünfundzwanzig – eine Zahl, die der Kanzlerin noch starke Kopfschmerzen bereiten könnte. Sollten jene Abgeordnete wirklich gegen das Hilfspaket stimmen oder sich enthalten, würde die Bundesregierung ihre Mehrheit im Bundestag verlieren – und die Kanzlerin ihre Glaubürdigkeit. Aber auch in anderer Hinsicht ist diese Zahl interessant: immerhin spiegeln die 25 Parlamentarier auch die momentane Lage im Volk dar. Der allgemeine Tenor lautet inzwischen, dass Griechenland es nicht schaffen wird, seine immensen Schulden abzubauen. Von der Rückzahlung des Hilfspakets gar nicht zu sprechen.

Fest steht, dass das Griechenland-Problem irgendwie gelöst werden muss. Entweder durch weitere Finanzspritzen, die das bankrotte Land vermutlich nie zurückzahlen wird und das Problem zwangsläufig nur vergrößern werden. Oder aber durch einen Schnitt. FDP-Chef Rösler überlegt beispielsweise laut über eine Insolvenz Griechenlands nach. Fraglich ist nur, ob es wirklich so weit kommen muss. Ebenso fraglich ist, warum immer noch viele Politiker gegen einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone sind. Griechenland könnte seine alte Währung, die Drachme, wieder einführen. Durch eine Abwertung der eigenen Währung könnten Investoren angezogen werden, und dadurch die Schulden automatisch gesenkt werden. Insgesamt könnte das Land so wieder gestärkt der Eurozone beitreten – was für beide Seiten wohl von Vorteil wäre.

Egal, wie man am Ende handeln wird; eines muss dabei klar sein: die Rettung Griechenlands ist gleichbedeutend mit der Rettung der gesamten Eurozone. Deshalb sollte man bereit sein, vorübergehende Opfer einzugehen, die sich in der Zukunft auch auszahlen werden.

Der Schulkonsens bringt nichts weiter als Verwirrung

21. Juli 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Nehmen wir das positive erst einmal vorweg: Vorgestern wurde in Düsseldorf ein parteiübergreifender Schulkonsens vorgestellt. Die Minderheitsregierung ist auf die oppositionelle CDU zugegangen und hat sich von ihrem Modell der Gemeinschaftsschule gelöst (was für zukünftige politische Entscheidungen sicherlich von Vorteil ist). Stattdessen entsteht ab dem kommenden Schuljahr die so genannte Sekundarschule; eine Schule, in der Kinder in der fünften und sechsten Klasse gemeinsam lernen, wodurch die individuellen Fähigkeiten eines jeden Kindes besser gefördert werden sollen. Eine Oberstufe soll es in der Sekundarschule nicht geben; viel mehr soll die Sekundarschule mit einem Gymnasium oder einer Gesamtschule kooperieren, um Kindern, die das Abitur machen wollen, den Einstieg in die Sekundarstufe 2 zu erleichtern.

Im Zuge des Gesetztesentwurfs hat sich die CDU dazu entschlossen, von ihrer Forderung nach der gesetzlichen Verankerung der Hauptschule zurückzutreten. Damit wird diese ab sofort dort aufgegeben, wo es keinen Sinn mehr macht, sie aufrecht zu erhalten (was schon zeitnah geschehen könnte; immerhin gibt es immer weniger Hauptschüler (siehe Grafik unten)).

Insgesamt gilt der Konsens bis 2023, was immerhin bedeutet, dass eine ganze Schülergeneration Planungssicherheit bezüglich der eigenen Schullaufbahn haben wird.

Quelle: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW

Als sie noch die Gemeinschaftsschule propagierte, argumentierte die rot-grüne Minderheitsregierung hauptsächlich mit dem gemeinsamen Lernen in Klasse 5 & 6. Selbiges gilt jetzt für das integrative System der Sekundarschule. Dies macht durchaus Sinn; immerhin können Schüler dadurch wirklich individueller gefördert werden. Nur irgendwie scheint vor allem die SPD während der gesamten Zeit vergessen zu haben, dass es genau solch ein System bereits in Form der Gesamtschule (welche übrigens auch ein integratives Schulmodell ist) gibt; zumal es auch erfolgreich ist. Schaut man auf die obige Grafik, dass es bereits 2006 mehr Gesamt- als Hauptschüler gab. Und die Tendenz geht dahin, dass die Zahl der Gesamtschüler mit denen der Realschüler auf eine Stufe kommen wird.

Gerade die Gesamtschule, die übrigens ein SPD-Erfolgsmodell aus den 1980er Jahren ist, hat den Vorteil, den einzelnen Schüler besser zu fördern. So bleiben die Schüler bis zur achten Klasse im Klassenverband; erst ab der neunten Klasse werden die Schüler entsprechend ihrer Fähigkeiten in leistungsgerechte Klassen, die auf die gymnasiale Oberstufe, den Realschulabschluss oder den Hauptschulabschluss vorbereiten, eingeteilt. So erhält jeder Schüler die für ihn bestmögliche Schulausbildung.

Anstatt also auf das Konzept der Gesamtschule zu setzen, das nahezu alle „Vorteile“, die die neue Sekundarschule verspricht, bereits vereint, sorgt die Regierung zusammen mit der CDU nur für Verwirrung. Mit jetzt insgesamt fünf Schulformen, von denen zwei integrativ sind (integrativ kann man etwas überspitzt mit identisch übersetzen), haben die Eltern jetzt die Qual der Wahl – was in diesem Fall nicht positiv ist. Diese Qual wäre uns tatsächlich erspart geblieben, wenn die Regierung anstatt dem neuen Konzept der Sekundarschule die Stärkung der Gesamtschule vorangetrieben hätte. Mit einer gestärkten Gesamtschule hätte man langfristig auch die Möglichkeit, ein zweigliedriges Schulsystem einzuführen, indem man Haupt-, Real- und Gesamtschule miteinander vereint. Mit dann nur noch zwei Schulformen hätte man ein klares System geschaffen, dass alle bisherigen Abschlüsse erfolgreich miteinander vereint und dabei jeden Schüler individuell fördert. Und verwirrt wäre dann niemand mehr.

Klimawandel mal anders

19. Juli 2011 Allgemein
von Matija Vudjan
Blühende Sommerblume
Die Ruhrtalbrücke über Mülheim-Mintard


ACHTUNG! Die Bilder sind lizenziert unter der CC BY-NC-ND 4.0-Lizenz!

Zwei Fotografien. Zwei verschiedene Motive. Zwei (gänzlich) unterschiedliche Eindrücke. Beide Bilder könnten unterschiedlicher kaum sein. Und doch haben sie eines gemeinsam: sie sind beide im Sommer entstanden. Das linke Foto ist im letzten Jahr entstanden; das rechte hingegen ist jetzt zwei Wochen alt.

Wir schreiben heute Dienstag, den 19. Juli. Kalendarisch sowie meteorologisch haben wir also Hochsommer. Soweit die Theorie. In der Praxis müssen wir leider mit vielen verregneten Tagen sowie Temperaturen von ungefähr 20 °C leben.

Bei mir kommt seit ein paar Tagen die Frage auf, warum alle Experten davon reden, dass die Erderwärmung deutlich ansteigt, wenn wir doch im Hochsommer „frieren“ müssen. Und mit dieser Meinung bin ich gewiss nicht der einzige. Dabei vergessen wir alle, wenn wir uns den Sommer wünschen, dass wir im April und im Mai bereits sommerliche Temperaturen hatten (was ja auch ein Indiz für den Klimawandel ist) und wir uns über diese nicht beschwert haben. Vielleicht ist dieses wechselhafte Wetter, das wir momentan erleben, auch der Anfang eines neuen (Wetter-)Zeitraums, in dem der Sommer nur wechselhaft ist, während die Frühlingsmonate sommerliche Temperaturen bieten…

Wie dem auch sei: ich bleibe jetzt noch vier Tage hier im Ruhrgebiet und genieße das nass-kühle Wetter, bis ich dann am Samstag in meinen Urlaub nach Kroatien fahren werde. Und dort werde ich wohl häufig schwitzen – immerhin liegen die Temperaturen dort momentan bei mehr als 30 °C. Wenn das mal kein Sommer ist…

Totgesagte leben bekanntlich länger

12. Juli 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan
Der Koalitionsvertrag: einiges wurde schon verwirklicht.

Ein Jahr ist es jetzt her, dass in NRW eine Minderheitsregierung gebildet wurde – sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene war dies ein Novum. Deshalb war es damals auch nicht übertrieben, dass der rot-grünen Koalition von vielen Oppositionspolitikern nur eine kurze Lebensdauer prognostiziert wurde.

Umso erstaunlicher ist es, dass im bevölkerungsstärksten Bundesland auch heute noch eine Minderheitsregierung an der Spitze steht. Und macht ihre Arbeit bisher sehr gut (man beachte, dass Rot-Grün im Landtag keine eigene Mehrheit hat); immerhin sind bisher viele Aspekte des Koalitionsvertrages verwirklicht worden, darunter auch die zentrale Punkte der Abschaffung der Studiengebühren (ab dem Wintersemester 2011/2012) sowie der Abschaffung der KiTa-Gebühren (steht kurz bevor).

An dieser Stelle möchte ich mir einen kurzen Vergleich zur Situation in Berlin erlauben: Dort bekam die FDP bei der Bundestagswahl 2009 sensationelle 14,6 Prozent – hauptsächlich, weil sie im Wahlkampf in großen Tönen Steuersenkungen versprach. Weil sich dies als Lüge herausstellte, dümpelt die Partei heute nur noch bei ungefähr 5 Prozent herum – Tendenz fallend. Um genau dies zu verhindern, möchten die Liberalen ihr Wahlversprechen im (Wahl-)Jahr 2013 endlich erfüllen (wie sollte es auch anders sein). Dabei übersehen sie offensichtlich, dass viele Deutsche inzwischen keine Steuersenkungen mehr wollen, sondern mehr Wert auf den inzwischen positiv verlaufenden Schuldenabbau legen.

Im Allgemeinen erscheint die „bürgerliche“ Koalition in Berlin bei weitem nicht so stabil wie die rot-grüne Regierung in Düsseldorf, und das, obwohl sie (anders als die Nordrhein-westfälischen Kollegen) eine satte Mehrheit im Parlament haben. Während auf Bundesebene kein klarer politischer Kurs erkennbar ist (man erinnere sich nur an den Zick-Zack-Kurs in der Atomdebatte), ist die Regierung in NRW deutlich bemüht, eine bevölkerungsfreundliche Politik zu betreiben. Dies wirkt sich natürlich auch in den Umfragewerten der Parteien bzw. Regierungen aus: Wenn am kommenden Samstag Bundestags- bzw. Landtagswahl wäre, müsste die Koalition in Berlin starke Verluste hinnehmen. In Düsseldorf würde die Regierung hingegen deutlich in ihrem Amt bestätigt werden.

Foto: nrwspd.de