„Auferstanden in Ruinen“ – der neue RWE

30. Mai 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Es ist nicht einmal ein ganzes Jahr vergangen, seit ich davon berichtet habe, dass der Essener Traditionsverein, damals noch Viertligist, kurz vor der Insolvenz stünde und dass er, um diese noch abzuwenden, in wenigen Tagen 2,5 Millionen € aufbringen müsste.

Das Wappen von RWE

Wie sich damals schon nach wenigen Tagen herausstellte, schaffte RWE es nicht mehr, das nötige „Kleingeld“ noch aufzubringen (im Nachhinein erwies sich dies sogar als positiv, aber dazu später mehr).Der Traditionsverein – immerhin Pokalsieger 1953 sowie Deutscher Meister 1955 – musste also Insolvenz anmelden; im deutschen Fußball ist dies gleichbedeutend mit dem Entzug der Lizenz für die aktuelle Spielklasse. Besser bekannt ist der Begriff Zwangsabstieg.

Für eine kurze Zeit stand es nach der Anmeldung der Insolvenz sogar zur Debatte, den Verein unter einem neuen Namen in der Kreisliga C, also der tiefsten deutschen Spielklasse, neu aufzubauen. Letztendlich schaffte man es aber, die Lizenz für die NRW-Liga (5. Liga) zu erhalten – und wagte dort den Neuanfang.

Den Neuanfang kann man im Falle Rot-Weiss-Essen wirklich wörtlich verstehen. Es wurde nicht nur eine neue Mannschaft zusammengestellt, ein Procedere, das nach einem Abstieg häufiger geschieht. Diese bestand hauptsächlich aus jungen Spielern, die aus der Region kommen. Neben der neuen Mannschaft entstand eine vollkommen neue Führungsriege: Sowohl der Vorstand als auch die Geschäftsführung wurden neu besetzt. Dadurch entstand – zwar durch die Insolvenz erzwungen –  ein vollkommen neues Konzept: Machte man bisher immense Schulden, um eine Mannschaft zu formen, die die immer wieder viel zu hoch gesteckten Ziele verwirklichen sollte, so war man vor einem Jahr dazu gezwungen, zu sparen. Dies hatte offensichtlich den Effekt, dass man mit den eigenen Zielsetzungen deutlich zurückhaltender wurde: Obwohl RWE von allen anderen Vereinen als der Topfavorit auf den direkten Wiederaufstieg in die 4. Liga gesehen wurde, gab man als eigenes Saisonziel „nur“ den 5. Platz aus.

Und so kam es, wie es kommen durfte: Die Mannschaft spielte ohne hohen Erwartungsdruck stark auf und wurde während der Saison immer mehr zum Topfavoriten auf den Aufstieg. Von den Verantwortlichen lautete die Zielsetzung indes weiterhin Platz 5, sodass das Team weiterhin frei aufspielen konnte.

Für den weiteren Saisonverlauf hatte diese Strategie weit reichende Folgen: Die Mannschaft wurde (vor allem im Defensivbereich) immer stabiler und konnte ihrer Favoritenrolle gerecht werden und den Aufstieg samt Meisterschaft nach nur einem Jahr in der NRW-Liga vollenden. Außerdem schaffte es RWE auch noch, den Verbandspokal zu gewinnen, wodurch die Teilnahme an der ersten Runde des DFB-Pokals in der nächsten Saison garantiert ist. Und auch finanziell hat sich der mit der Insolvenz verbundene Gang in der Fünftklassigkeit ausgezahlt: Wurde Rot-Weiss vor einem Jahr noch von einer immensen Schuldenlast erdrückt, so wird der Verein am 1. Juli vollkommen schuldenfrei sein. Dies drückt sich vor allem darin aus, dass nun endlich dass maroder Georg-Melches-Stadion durch ein neues Fußballstadion ersetzt wird.

Fazit: Rot-Weiss-Essen hat nach vielen Jahren, in denen der Verein schlecht wirtschaftete und sich sportlich viel zu hohe Ziele setzte, nur notgedrungen auf ein neues sportliches Konzept gesetzt. Dass dieses zu so positiven Ergebnissen geführt hat, ist deshalb umso schöner (zumal vor der Saison niemand an der Hafenstraße damit gerechnet hat). Deshalb bin ich mir auch sicher, dass RWE, sollte das Konzept der Sparsamkeit und der Zurückhaltung weiter umgesetzt werden, für viele Vereine ein gutes Vorbild sein kann und auch selbst in eine rosige Zukunft blicken kann. Auch wenn es bis zum eigentlichen Ziel, irgendwann wieder ein Teil des deutschen Profifußballs zu sein, noch ein harter und steiniger Weg ist.

„Maifest“

27. Mai 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Ich habe schon länger kein neues „Gedicht der Woche“ online gestellt. Und da sich der schönste Monat des Jahres seinem Ende zuneigt; habe ich mich dazu entschlossen, ihn mit einem der schönsten Goethe-Gedichte noch einmal gebührend „feiern“:

Maifest (1771)

Wie herrlich leuchtet
Mir die Natur!
Wie glänzt die Sonne!
Wie lacht die Flur!

Es dringen Blüten
Aus jedem Zweig
Aus tausend Stimmen
Aus dem Gesträuch

Und Freud und Wonne
Aus jeder Brust.
O Erd‘, o Sonne
O Glück, o Lust,

O Lieb‘, o Liebe,
So golden schön
Wie Morgenwolken
Auf jenen Höhn,

Du segnest herrlich
Das frische Feld,
Im Blütendampfe
Die volle Welt!

O Mädchen, Mädchen,
Wie lieb‘ ich dich!
Wie blinkt dein Auge,
Wie liebst du mich!

So liebt die Lerche
Gesang und Luft,
Und Morgenblumen
Den Himmelsduft,

Wie ich dich liebe
Mit warmen Blut,
Die du mir Jugend
Und Freud‘ und Mut

Zu neuen Liedern
Und Tänzen gibst.
Sei ewig glücklich,
Wie du mich liebst.

Johann Wolfgang von Goethe

Homo versus naturae – ein Kampf auf verlorenem Posten

26. Mai 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Auch wenn die folgende Aussage für einige Leser komisch oder gar arrogant klingen mag, muss ich zugeben, dass ich mich gefreut habe, als ich am Montag von der Eruption des isländischen Vulkans Grimsvötn las. Nicht, weil die Ortschaften rund um den Vulkan mehrere Tage lang kein Sonnenlicht genießen konnten; und auch nicht, weil durch einen Asche spuckenden Vulkan die Luft verschmutzt wird (was für viele – vor allem empfindliche Menschen – schlimme Folgen haben kann). Nein, ich habe mich gefreut, weil solch eine Naturkatastrophe immer wieder zeigt, dass der Mensch eben doch nicht das allmächtige, unaufhaltsame Wesen ist, als das er sich häufig ständig sieht.

Es ist im Allgemeinen so, dass der Mensch schon immer ein machtbesessener Erdbewohner war. Werfen wir nur einen kleinen Blick zurück in die Geschichte: Vor 2000 Jahren waren die Römer die alles bestimmende Macht, die ihr Imperium Romanum auf der gesamten – ihnen Bekannten – Welt ausbreiten wollten. Dass sie damit wegen einer Vielzahl von Gründen gescheitert sind, ist heute allseits bekannt. Schauen wir in die Geschichte der Neuzeit, so erkennen wir auch hier das Phänomen des machtbesessenen Menschen: Napoleon und Hitler sind nur zwei Beispiele dafür, dass Menschen mit aller Macht versuchen, die „Weltherrschaft“ an sich zu reißen, am Ende aber fast immer kläglich scheitern.

Aufgrund der vielen zwischenstaatlichen Bündnisse ist es heute auf der politischen Ebene nahezu unmöglich geworden, sich selbst zu profilieren. Stattdessen erlaubt es uns das stark kapitalistische Wirtschaftssystem, nicht mehr als einzelne Person, sondern viel mehr mit Hilfe von Firmen an die Macht zu gelangen. Man muss nur nach Japan schauen: Nur um den eigenen Gewinn zu maximieren, hat die Firma Tepco Atomkraftwerke gebaut, die nicht einmal ansatzweise den Sicherheitsstandards entsprachen. Für dieses „Verbrechen“ wird jetzt die gesamte Menschheit bestraft. Und auch wenn wir in Deutschland bleiben, wimmelt es nur von Unternehmen, die sich weigern, ihr Handeln der allgemeinen Sicherheit anzupassen und stattdessen ihre Gier nach weiteren Gewinnen zu Lasten der Bevölkerung ausleben. RWE behauptet beispielsweise mit aller Macht, dass die eigenen Atomkraftwerke sicher sind und hat deswegen eine Klage gegen das Moratorium der Bundesregierung eingereicht. Schade nur, dass die vom Kabinett ins Leben berufene Kommission zur Klärung der Zukunft der Kernkraft in Deutschland zum Schluss gekommen ist, dass keines der deutschen AKWs den modernen Standards entspricht

Um zurück zum isländischen Vulkan und meiner Freude über die Eruption zu kommen, habe ich noch ein weiteres Beispiel: Als im letzten Jahr der Eyyafyallayöküll ausbrach und über ganz Europa ein Flugverbot verhängt wurde, waren es gerade die Fluggesellschaften, die gegen diese Entscheidung heftigst protestierten. Ihnen war der eigene Profit – wie sollte es auch anders sein – wichtiger als die die Sicherheit der eigenen Kunden und Piloten. Dabei waren es vor allem diese (also diejenigen, die am besten wussten, ob es Sinn macht, zu fliegen oder nicht), die den Appell ausriefen, die Flugzone über Europa abzuriegeln. Und seien wir doch ehrlich: die Fluggesellschaften haben durch das Flugverbot zwar Verluste gemacht; diese sind aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht so hoch, dass sie plötzlich am Hungertuch nagen müssten.

Letzten Endes geht es mir um folgendes: Für den einzelnen Menschen sind Naturkatastrophen wie die beiden Vulkanausbrüche und vor allem der japanische Tsunami wortwörtlich als Katastrophe zu verstehen. Für viele machtstrebende Global Player sind solche Vorkommnisse allerdings ein gutes Warnzeichen. Ein Warnzeichen, das zeigt, dass das menschliche Allgemeinwohl und die Sicherheit auf der Welt über der eigenen Profitgier stehen muss. Und bis sich dies nicht geändert haben wird, werde ich mich auch weiterhin über Naturkatastrophen freuen.

Das Zentralabitur und seine Macken

8. Mai 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Das Zentralabitur in NRW feiert Jubiläum: Fünf Jahre ist sind vergangen, seit die Abiturienten 2007 das erste zentral gestellte Abitur bewältigen mussten. Schon damals waren die Abiturklausuren nicht fehlerfrei – wobei man dies ja noch relativ gut nachvollziehen konnte, da es sich 2007 um das erste zentral gestellte Abitur hielt. Viel kurioser ist es, dass es bis heute nicht gelungen ist, die Klausuren fehlerfrei zu gestalten. Ich möchte nur an das Chaos im Jahre 2008 erinnern, als als zwei Aufgaben im Mathematik-Leistungskurs fehlerhaft bzw. nahezu unlösbar waren.

Das sich der Abiturschnitt damals für viele Schüler deutlich verschlechterte, nahm man in Düsseldorf ziemlich emotionlos hin. Vor allem die damalige Schulministerin Barbara Sommer hielt die schlechten Ergebnisse für normal. Immerhin gelobte man Verbesserung: Ab 2009 werden jährlich 500000 € (!) investiert, um die Abiturklausuren von mehreren verschiedenen Gremien prüfen zu lassen.

Bis heute ist dies leider ohne Erfolg geblieben. Beim diesjährigen Zentralabitur sind schon mehrere Fehler entdeckt worden. So ist im Fach Deutsch (am Montag geschrieben) sowohl bei der Grundkurs- als auch bei der Leistungskurs ein Fehler aufgetaucht. Interessant wird es aber erst, wenn man weiß, dass in der Presse am folgenden Tag nur vom Fehler im Grundkurs berichtete. Vom Fehler im der Klausur des Deutsch-Leistungskurses war indes keine Rede (dabei handelte es sich um eine falsche Titulierung verschiedener Szenen aus Georg Büchners Dramenfragment Woyzeck, das es zu analysieren galt). Selbiges gilt für die Klausur des Leistungskurses in Englisch (am Mittwoch geschrieben): Bei einem Zeitungsartikel wurden in der Aufgabenstellung sowie im Originaltext zwei verschiedene Datierungen verwendet. Und auch dieser Fehler wurde in der Presse nicht kommentiert.

Für mich stellen sich deswegen zwei Fragen: Erstens: Wie kann es überhaupt dazu kommen, dass in einem Zentralabitur, das vor den Prüfungen durch mehrere Prüfungsgremien geht (und dafür eine halbe Million € verschlingt), immer noch so zahlreich Fehler vorkommen (auch wenn diese – das muss man doch zugestehen – nicht mehr so extrem sind wie z. B. 2008)? Und zweitens: Warum ist sich die Presse inzwischen zu schade, über solche Fehler zu berichten. Es müsste doch eigentlich die Aufgabe einer Zeitung sein, die von sich behauptet, Qualitätsjournalismus zu betreiben, die Tatsache zu kritisieren, dass eine Institution eine halbe Million dafür aufwendet, Abiturklausuren nach Fehlern zu überprüfen, und diese dennoch mit Fehlern vollgespickt sind? Aber dies sind wohl Fragen, die bis auf Weiteres unbeantwortet bleiben werden…

Wird das Auto wieder zum Statussymbol?

23. April 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Ich muss zwar gestehen, dass die ersten massentauglichen Autos schon lange vor meiner Zeit produziert wurden. Dennoch kann ich mir nur zu gut vorstellen, wie sehr sich die Menschen damals gefreut haben mussten, als sie endlich ihr eigenes Auto – das man damals durchaus noch als Luxusgut bezeichnen konnte – fahren konnten. Im Laufe der Zeit wurde die Fließbandproduktion optimiert und zusammen mit vielen anderen Faktoren wurde es zu fast schon zu einer Selbstverständlichkeit, ein Auto zu besitzen. Diese Selbstverständlichkeit hält in großen Zügen noch bis heute an.

Bald könnte das Auto wieder zum Statussymbol werden.

Heute ist das Auto zu einem teuren Unterfangen geworden. Steigende Grundpreise, steigende Versicherungs-prämien und nicht zuletzt der sukzessiv steigende Preis an den Tankstellen sorgen dafür, dass sich schon heute viele Menschen das Auto nicht mehr leisten können, oder mit der Finanzierung große Probleme haben. Genau an dieser Stelle sollte eigentlich der Staat, der sich selbst übrigens als Sozialstaat bezeichnet, ins Spiel kommen. Stattdessen wurden vor zwei Jahren neue Kfz-Steuersätze beschlossen, die sich mehr an die Umweltlastigkeit richteten als bisher – pauschal gesehen werden ältere Fahrzeuge seit 2008 also höher besteuert als neue. Was zunächst ziemlich positiv klingt, ist in Wirklichkeit nichts anderes als Manipulation; denn aufgrund der bereits genannten Gründe können sich viele Menschen bis heute kein umweltfreundlicheres Auto leisten.

Auch beim großen Streitthema Benzin- und Dieselpreise hat die Bundesregierung zunächst auch Besserung versprochen. Erst letztes Jahr wurde das Bundeskartellamt damit beauftragt, die offensichtlichen Absprachen zwischen den großen Ölkonzernen aufzudecken. Bis heute ist allerdings nichts passiert. Stattdessen wurde der allseits bekannte Biosprit E10 eingeführt, der von den Autofahrern (nicht grundlos) kaum getankt wird und dafür gesorgt hat, dass der Preis des normalen Super-Benzins deutlich in die Höhe gestiegen ist.

Wer denkt, dass die Bergspitze mit der Einführung von E10 erreicht worden sei, der irrt leider. Denn, als ob der Autofahrer nicht schon genug abgezockt würde, schlägt die CSU jetzt eine Einführung der PKW-Maut vor. Natürlich ist diese schon vom CSU-geführten Verkehrsministerium geprüft worden. Und obwohl sich sowohl die anderen Koalitionsparteien CDU und FDP deutlich gegen eine Auto-Maut aussprechen, bin ich mir doch ziemlich sicher, dass diese schon in naher Zukunft kommen wird. Und obwohl die Kfz-Steuer laut CSU-Chef Seehofer im Falle einer Einführung der PKW-Maut abgeschafft werden würde, bin ich mir dennoch sicher, dass diese über kurz oder lang wirder eingeführt werden würde. Wie sollte es auch anders sein?!