Gedanken zur Woche #34

14. September 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Die Salafisten haben hierzulande in den vergangenen Tagen einen medialen Coup gelandet – nichts anderes ist die „Scharia-Polizei“! Mediale Selbstvermarktung ist tatsächlich ein Bereich, in dem unsere liberale Gesellschaft (oder im Speziellen die Kirche(n) in säkularen Räumen) von Fundamentalisten lernen kann!

Um beim Thema „Islamismus“ zu bleiben: ISIS wurde in dieser Woche in einem Schnellverfahren verboten. Jede Nähe zu der terroristischen Vereinigung wird ab sofort strafrechtlich verfolgt. Ich begrüße diesen Schritt ausdrücklich – und frage mich doch zugleich, warum ein solcher Schritt nicht auch im Hinblick auf die NPD möglich ist…

Oscar Pistorius ist im Mordprozess gegen ihn in der Sache freigesprochen worden. Stattdessen hat ihn die Richterin wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Das hat zwar zu vielen Protesten geführt, ist juristisch aber konsequent: Pistorius konnte kein (vorsätzlicher) Mord nachgewiesen werden; und in solchen Fällen heißt es bekanntlich: „In dubio pro reo.“

Diane Foley, die Mutter des von ISIS enthaupteten James Foley, hat der US-Regierung vorgeworfen, ihren Sohn im Stich gelassen zu haben. Auf der Mikroebene hat sie zweifelsohne Recht; auf der Makroebene (d. h. gesamtgesellschaftlich) kann man den Vorwurf – so makaber das aus Foleys Sicht auch sein mag – durchaus relativieren.

Nach James Foley und Steven Sotloff ist jetzt mit David Haines erstmals ein Brite brutal (und medienwirksam) enthauptet worden – er hinterlässt zwei Kinder. Besonders makaber ist in diesem Fall: Haines war Mitglied einer Hilfsorganisation, leistete in der Krisenregion humanitäre Hilfe. Für seinen guten Willen ist er also auf bestialische Weise bestraft worden!

Der Herbst der Landtagswahlen ist mit dem heutigen Sonntag vorbei: Brandenburg und Thüringen haben gewählt – und in beiden Bundesländern liegt die Wahlbeteiligung bei erschreckenden 50%! Es darf nicht mehr (wie heute Abend im ZDF, als die Wahlen mit den letzten Wahlen vor vier Jahren und der parallel stattgefundenen Bundestagswahl verglichen wurden) relativiert werden – stattdessen muss endlich gegengesteuert werden!

Vielleicht habt ihr es bereits mitbekommen: Ich war in dieser Woche – wohlgemerkt in theologischer Mission – in Berlin. Dabei habe ich vor allem eines gelernt: Wenn wir in einer säkularen, liberalen Gesellschaft einen interkulturellen und -religiösen Dialog schaffen wollen, müssen wir bei uns selbst anfangen – und an unsere Grenzen gehen! Ausführlichere Gedanken dazu kommen in den kommenden Tagen!

Gedanken zur Woche #33

7. September 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Mit weniger als 50% Wahlbeteiligung ist die Landtagswahl in Sachsen am vergangenen Wochenende aus demokratischer Sicht nichts anderes als eine Schande! Als einzig positiv kann man verzeichnen, dass es die NPD nicht in den Landtag geschafft hat!

Nach James Foley haben die ISIS-Terroristen mit Stephen Sotloff bereits den zweiten US-amerikanischen Journalisten auf bestialische Weise hingerichtet. Angesichts der Tatsache, dass die Terroristen noch weitere Geiseln in Gefangenschaft haben, müssen wir leider Gottes davon ausgehen, dass es noch zu weiteren Hinrichtungen kommen wird…

Aber: Inzwischen gibt es eine erste offizielle muslimische Reaktion auf die Terroristen: sechs renommierte britische Imame haben eine Fatwa (islam. Rechtssprechung) veröffentlicht, in der sie ISIS als nicht mit dem Islam vereinbar geißeln. Und auch die Leiter sechs deutscher Islamzentren verurteilen die Terroristen in scharfer Weise. Ein gutes, ein wichtiges Zeichen!

Mehreren Medienberichten zufolge haben die Vereine der englischen Premier League in der vergangenen Transferperiode mehr als eine Milliarde € (!) für neue Fußballer ausgegeben! Das sind unvorstellbare Summen, wie ich finde – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes!

Die Minister der rot-grünen Landesregierung in NRW verzichten – auf Druck der Oppositionsparteien im Landtag –auf eine ihnen zustehende Gehaltserhöhung von 400€ (bzw. 500€ für Ministerpräsidentin Hannelore Kraft). Auch wenn dieser Schritt erst nach. Gut so: Wer sparen will (oder wie in diesem Fall muss), soll zuerst bei sich selbst anfangen!

Die EZB hat den Leitzins auf jetzt 0,05% gesenkt – und ihn damit faktisch aufgehoben. Im Hinblick auf das Anlocken neuer Investoren mag das sinnvoll sein; aber was ist mit den unzähligen Sparern, vor allem hier in Deutschland? Im Radio habe ich diese Woche gehört, Herr Draghi sei der Enteigner der deutschen Sparer. Ganz ehrlich: so falsch ist die Aussage inzwischen nicht mehr!

Vor zwei Tagen hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, der FAZ ein sehr lesenswertes Interview zu verschiedenen Themen, darunter auch der Diskussion um die Sterbehilfe, gegeben (s. hier). Ich kann seine Argumentation (die sich von meiner durchaus unterscheidet) nachvollziehen – und merke auch, dass „theologisch denkbar“ nicht unbedingt „kirchlich denkbar“ bedeuten muss.

In Wuppertal macht in diesen Tagen eine (nach Selbstbezeichnung) Scharia-Polizei auf sich aufmerksam – und zwar so sehr, dass sich sowohl der Unions-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder als auch Bundesinnerminister Thomas des Maizière kritisch dazu äußerten. Viel wichtiger als solche Äußerungen ist m. E. aber eine Aufklärung der gesamten Gesellschaft im Hinblick auf dieses Thema!

Die Debatte um Sterbehilfe – und die Frage nach der Würde (Teil 2)

4. September 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan
Im Artikel vom vergangenen Freitag habe ich versucht, mich der Debatte um die Sterbehilfe theologisch zu nähern und dabei verdeutlicht, dass es in der (katholischen) Theologie Konzepte gibt, die sowohl ein Verbot als auch eine Lockerung der Sterbehilfe legitimieren können. Um die Situation jedoch konsequent bewerten zu können (und dementsprechend zu folgern) fehlt aber noch eine Dimension: Die Frage nach der Würde, nach einem würdevollen Leben bzw. Tod. Damit möchte ich mich heute befassen.

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Gedanken zur Woche #32

31. August 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

In den USA hat eine Neunjährige bei einer Schießübung versehentlich ihren Schießtrainer erschossen. Sicherlich ist dies ein schrecklicher Unfall; und doch zeigt er endgültig, wie kaputt das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ ist!

Inzwischen sind fast sechs Wochen seit dem Abschuss der MH17 vergangen. Die Absturzstelle sieht immer noch aus wie ein Schlachtfeld (samt noch herumliegenden Trümmerteilen) und der ukrainische Geheimdienst soll wichtige Dokumente beschlagnahmt haben und so die Aufklärungsarbeiten verzögern. Eines muss klar sein: Die Angehörigen der Opfer haben eine lückenlose und transparente Aufklärung verdient!

Grünen-Chef Cem Özdemir hat in diesen Tagen an der „Ice bucket challenge“ teilgenommen – und sich dabei mit einer Hanfpflanze gefilmt. Was er als implizites politisches Statement verkaufen will, ist nichts anderes als eine Straftat! Ich will hoffen, dass die Justiz dies ernst nimmt und in diesem Fall ermittelt – und notfalls auch die Aufhebung der Immunität Özdemirs beantragt!

In seiner Kolumne im „Spiegel“ (siehe hier) hat Jakob Augstein in dieser Woche die Waffenlieferungen der Bundesregierung in den Nahen Osten kritisiert: Handeln und Unterlassen seien keineswegs gleichwertig. Grundsätzlich hat Augstein nicht Unrecht: Feuer kann man i. d. R. nicht mit Feuer bekämpfen. Aber tatenlos dabei zuzusehen, wie immer mehr Menschen auf brutalste Weise hingerichtet werden, kann auch nicht die Lösung sein.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf meinen Kommentar vor drei Wochen verweisen, in dem ich u. a. explizit auf diese Thematik eingehe und sie theologisch aufarbeite: Christentum und Waffengewalt

Die Debatte um Sterbehilfe – eine theologische Annäherung (Teil 1)

29. August 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan
Seit sich der scheidende Vorsitzende der EKD, Nikolaus Schneider, in einem Interview befürwortend zur Sterbehilfe geäußert hat, wird wieder eine intensive Debatte über dieses Thema geführt – zumal sich Schneider in seiner Aussage gegen die EKD positioniert hat, die Sterbehilfe grundsätzlich ablehnt. Ich möchte mich diesem komplexen Thema heute aus dem katholischen Blickwinkel nähern.

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