In Deutschland herrscht allgemein eine Sensations- bzw. Skandalgeilheit. Oft werden so kleine Mäuse zu riesigen Elefanten. Aus der eigentlich unscheinbaren Meldung, dass die Kirche die Aufklärung des Missbrauchsskandals mit einem anderen Partner als dem Kriminologen Christian Pfeiffer fortsetzen wollen, zum Skandal, dass die Aufklärungsarbeit seitens der Kirche komplett eingestellt werde.
Auch die in der vergangenen Woche an die Öffentlichkeit geratene Geschichte von der Nicht-Behandlung einer vergewaltigten 25-jährigen durch zwei katholische Kölner Krankenhäuser war wohl keine absichtliche Behandlungsverweigerung, sondern eine unglückliche Verstrickung von Missverständnissen. (Beide Fälle haben noch einen tiefgründigeren Hintergrund, den ich in den nächsten Tagen noch weiter erörtern werde – hier würde wohl der Rahmen des Kommentars gesprengt werden.)
Versteht mich bitte nicht falsch! Ich bin gewiss niemand, der die katholische Kirche von jeglicher Schuld freispricht. Ich bin – auch als gläubiger Katholik – der Meinung, dass in der Geschichte der Kirche bis in die jüngste Vergangenheit hinein Verfehlungen gegeben hat, die man nicht verschweigen darf, sondern gewissenhaft aufarbeiten muss.
Tatsache ist aber, dass sich der Kirche gegenüber in der letzten Zeit eine immer größere Empfindlichkeit entwickelt hat, die bei vielen Menschen eine rationale Abwägung von Fakten leider zunichte gemacht hat. Ich mache schon seit längerer Zeit die Erfahrung, dass es immer mehr Menschen gibt, die, wenn sie nur den Begriff Kirche hören, wie von der Tarantel gestochen auf sie „einprügeln“. Ist mit der Kirche dann noch eine negative Berichterstattung verbunden, bricht der Vulkan endgültig aus und es kommt zu einer neuen Austrittswelle. Geschuldet ist dies meiner Meinung nach sehr häufig emotionalen und unüberlegten Entscheidungen, bei denen es vorher zu keiner rationalen Abwägung von Fakten, geschweige denn einer gründlichen Lesung der Berichterstattung kommt.
Auch wenn ich hier nicht die offizielle kirchliche Lehrmeinung vertrete, möchte ich die These in den Raum stellen, dass diese Austritte der Kirche insgesamt gut tun. Doch dazu mehr in den nächsten Tagen.