Zur Flüchtlingskatastrophe – Fragen ohne Antworten

1. August 2015 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Die Flüchtlingskatastrophe spitzt sich in diesen Tagen abermals zu: Ungarn baut einen Zaun an der Grenze zu Serbien, um Sinti und Roma den Zugang in das Land zu verwehren. Großbritannien plant angesichts der Flüchtlingsströme aus dem Nahen Osten eine strikte Verschärfung der Grenzkontrollen. Und in Deutschland werden seit einigen Wochen vermehrt Flüchtlingsunterkünfte angezündet. Und leider Gottes könnte ich diese Aufzählung noch fortführen…

Ich habe in den vergangenen Tagen viel darüber nachgedacht, was momentan in Europa und in Deutschland geschieht. Dabei sind mir einige Fragen in den Sinn gekommen, die ich heute – ganz bewusst ohne Antworten! – an euch weiterreichen möchte.


Im April: Eine Campact-Demonstration gegen die aktuelle Flüchtlingspolitik.
Foto: Jakob Huber/Campact – Flickr; Lizenz: CC BY-SA 2.0

Art. 1 des Grundgesetzes sagt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Gilt das für alle Menschen oder nur für Deutsche?!

Woher wissen all die Experten eigentlich, dass alle Flüchtlinge, die momentan nach Europa und Deutschland kommen, nur Wirtschafts- und nicht Kriegsflüchtlinge sind?

Wer definiert eigentlich, was ein „sicherer Staat“ ist? Waren die Politiker, die dies beschlossen haben, jemals in Bosnien oder im Kosovo? Wissen sie, wie die Trinkwassersituation in diesen Ländern aussieht?

Haben diejenigen, die den Sinti und Roma vorwerfen, das Asylrecht zu missbrauchen, jemals erlebt, welchen Repressalien und Übergriffen diese Menschen z. B. in Serbien tatsächlich ausgesetzt sind?

Selbst wenn die meisten Sinti und Roma tatsächlich keine Kriegsflüchtlinge sind, und der Balkan (im Vergleich zum Nahen Osten) tatsächlich sicher ist: Wieso versteht kaum jemand, dass jeder Mensch, der sein Heim, sein Hab und Gut verlässt, dies niemals (!) freiwillig tut?

Wie kann man überhaupt den Gedanken legitimieren, dass es Menschen verboten sein soll, sich den Ort auszusuchen, an dem man leben möchte? Wieso gibt es überhaupt Grenzen?!

Wissen diejenigen, die sich in diesen Tagen auf ihren „preußischen Nationalstolz“ berufen, dass gerade das damit verbundene ‚deutsche Überlegenheitsgefühl‘ eine nicht geringe Rolle für die Entstehung des Nationalsozialismus – und damit für Holocaust (!) – gespielt hat?

Und wissen eben diese Zeitgenossen, was mit den unzähligen deutschen Flüchtlingen nach dem 2. Weltkrieg geschehen wäre, wenn man ihnen so entgegen getreten wäre, wie sie es heute wollen?

Warum ziehen fast alle Flüchtlingsgegner momentan die ‚Kriminalitätskarte‘, wo doch statistisch nachgewiesen ist, dass Flüchtlinge und Ausländer an der Kriminalitätsrate in Deutschland einen geringeren Anteil haben als Deutsche selbst?

Gestern erst habe ich in meiner Facebook-Timeline folgende Aussage gelesen: „Ich würde jeden Zigeuner (!) dahin schicken, wo er herkommt! Und vorher würde ich ihn persönlich töten!“ Wie kann man einen solchen Satz nur mit seinem Gewissen vereinbaren!?

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
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