Kurz gedacht: Wenn „Medien“ zu Hetzern werden

24. März 2015 Ethik, Gesellschaft
von Matija Vudjan
In der vergangenen Woche habe ich über die Medienschelte des Passauer Bischofs Stefan Oster berichtet (siehe hier). Das von Oster u. a. kritisierte Magazin kath.net hatte eigentlich versichert, sich die vorgetragene Kritik zu Herzen zu nehmen. Weit gefehlt, wie eine gestern erschienene Kurzmeldung zeigt.

Reine Hetze: Der Artikel auf kath.net.
Bild: Screenshot

Im kommenden Herbst findet im Vatikan bekanntlich die zweite Runde der Bischofssynode zur Familienpastoral statt. Wie bereits zur ersten Runde im vergangenen Jahr hat der Vatikan die Diözesen auch anlässlich der kommenden Synode damit beauftragt, ein Meinungsbild der Gläubigen zu erstellen. Das ist auch im Bistum Essen geschehen – die Ergebnisse des neuen „Fragebogens“ wurden am vergangenen Freitag auf der Internetseite des Bistums veröffentlicht.

So weit, so gut, könnte man meinen, ist doch die Veröffentlichung von Umfrageergebnissen hierzulande ein „Ereignis“, das tagtäglich des Öfteren geschieht. Die Veröffentlichung des Ruhrbistums ist gewiss auch nicht das Problem, das ich sehe. Als problematisch, ja gar fatal, empfinde ich vielmehr, wie mit dieser Veröffentlichung in den Medien umgegangen wird. Besonders fällt dabei das Portal kath.net auf, das bereits vor etwa einem Monat öffentlich am Pranger stand:

In der Kurzmeldung „Bistum Essen möchte Segensfeier für Homosexuelle“ (siehe hier; bei 186 Wörtern kann man wirklich nur von einer Kurzmeldung sprechen!) wird der Eindruck erweckt, dass die Ergebnisse der Befragung, die das Bistum am Freitag veröffentlicht hat, die offizielle Meinung der Diözese seien. So heißt es in der Meldung beispielsweise: „Das Bistum Essen möchte eine Segnungsfeier für homosexuelle Paare. Diese bizarre Forderung an den Vatikan hat das Bistum am vergangenen Wochenende veröffentlicht.“ Tatsächlich heißt es in der Zusammenfassung des Bistums auf S. 7:

„Ausgehend davon, dass es unter Katholiken und Katholikinnen einerseits eine deutliche Tendenz gibt, die rechtliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und deren Gleichbehandlung gegenüber der Ehe als ein Gebot der Gerechtigkeit anzuerkennen, andererseits die Öffnung der Ehe als solche für gleichgeschlechtliche Paare überwiegend abgelehnt wird, sollte ein Ritus der Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren entwickelt werden. Damit soll keiner Gleichsetzung von Ehe und Lebenspartnerschaften das Tor geöffnet werden.“

Dass diese Aussage keine konkrete Forderung des Bistums ist, sondern lediglich eine Bestandsaufnahme darstellt, wird deutlich, wenn man auf die erste Seite des Papiers schaut, wo es heißt:

„Zusammenfassende Auswertung der im Internet beantworteten 14 Fragebögen sowie der Stellungnahmen des Diözesanrates der katholischen Frauen und Männer im Bistum Essen, des Vorstandes des Katholikenrates Mülheim und der Antworten aus dem Priesterrat und dem Ordensrat im Bistum Essen“
(Hervorhebung durch mich)

Deutlich wird: Die Kurzmeldung auf kath.net stellt den genauen Sachverhalt nicht dar! Vielmehr werden die zentralen Aussagen schlichtweg verdreht – und dadurch verfälscht! Scheinbar war es dem Autor der Meldung zu viel Arbeit, ein siebenseitiges Papier zu lesen. So finden sich in den 186 Wörtern noch einige weitere Falschaussagen, darunter: „Auch bei anderen Moralfragen ist das Bistum offensichtlich nicht mehr an der Lehre der Kirche interessiert. Mit Blick auf das Thema Empfängnisverhütung möchte man eine Öffnung der kirchlichen Aussagen für ‚andere moraltheologische Positionen‘.“

Da kath.net von vielen Menschen gelesen wird, ist es kein Wunder, dass das Ruhrbistum seit der Veröffentlichung der Kurzmeldung schnell im Kreuzfeuer der Kritik steht. Auf Twitter habe ich heute mitbekommen, dass sich einige Nutzer für das Bistum „schämen“. Einige (zugegeben konservative) Bloggerkollegen haben die Richtungsfrage gestellt, manche sind sogar so weit gegangen, der Diözese die Katholizität abzusprechen.* Und warum all dies? Weil ein Redakteur bei kath.net nicht fähig – oder vielleicht sogar nicht gewillt? – ist, seinen Beruf ordnungsgemäß auszuüben!

Eines ist klar: Katoliken gegeneinander aufzuhetzen – nichts anderes hat kath.net durch seine Kurzmeldung erreicht –, hat mit seriösem Journalismus leider überhaupt gar nichts zu tun! Leider scheint das Portal aus der Kritik von Bischof Oster nur wenig gelernt zu haben…

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
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2 Kommentare zu „Kurz gedacht: Wenn „Medien“ zu Hetzern werden“

  1. Hallo Matija, nach längerer Zeit habe ich einmal wieder Deinen Blog besucht und dabei festgestellt, dass Du weiterhin sehr fundierte Stellungnahmen zu wesentlichen Themen des öffentlichen und kirchlichen Lebens vorlegst. Vielen Dank dafür! Besten Dank auch für Deine zunehmend kritische Haltung zum genannten Privatportal aus Linz, das sich mit dem Titel 'katholisch' schmückt. Immer mehr entwickelt sich dieses Portal zu einer Ansammlung von Falschdarstellungen, böswilligen Parolen, Denunziationen und Verdrehungen der Wahrheit. Ich kann jedem nur raten, von der Lektüre Abstand zu nehmen, wenn er wirklich am Wohl der Kirche interessiert ist. Das Portal zerstört auch noch den letzten Rest an Glaubwürdigkeit, den unsere Kirche in der Öffentlichkeit genießt. Angesichts der immer häufiger werdenden Hetzmeldungen kann man hier nur noch einen Begriff zur Umschreibung verwenden, den das Portal selbst in letzter Zeit immer benutzt hat, um andere zu diffamieren. Ich spreche vom Begriff der 'Lügenpresse'. Herzliche Grüße von Blondy Schopf!

  2. Hallo Blondy Schopf,

    freut mich, mal wieder etwas von dir zu hören! Ich würde mich natürlich freuen, wenn du meine Beiträge in Zukunft wieder öfters kritisch begutachtest :-).
    Zu deinem Kommentar: Ich habe auch schon oft darüber nachgedacht, ob es nicht einfach Sinn macht, das Portal schlicht zu ignorieren. Problem ist dabei aber, dass es immer Menschen geben wird, die dies nicht tun. Will heißen: Das Portal wird auch weiterhin sein Welt- und Kirchenbild in die Öffentlichkeit tragen können – dann aber unkommentiert! Ich glaube deswegen, dass es besser ist, sich dauerhaft kritisch mit dem Portal auseinanderzusetzen. Auf Dauer scheint mir diese Methode vielversprechender zu sein – letztlich ist das aber natürlich Spekulation…
    Ich kann übrigens nachvollziehen, warum du den Begriff der ‚Lügenpresse‘ benutzt. Aber ich glaube, dass man sich, wenn man diesen Begriff benutzt, auf dieselbe Ebene stellt wie das Portal selbst und die vielen Gruppierungen, die ihn in der vergangenen Zeit benutzen. Zumal der Begriff historisch negativ behaftet ist. In einer Auseinandersetzung wie dieser scheint mir das der falsche Ansatzpunkt zu sein…

    Herzliche Grüße
    Matija

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