Zum Abschlussbericht der Prüfkommission
ACHTUNG: Im Folgenden beziehe ich mich nur auf die Zusammenfassung des Sachverhaltes im Abschlussbericht (S. 101-106)! Die konkreten Ausführungen sind für diesen Beitrag zu ausführlich geraten; die zusammenfassenden Aussagen decken die Bandbreite des Geschehens trotzdem eindeutig ab.
Man kann den Abschlussbericht der Prüfkommission meines Erachtens ziemlich prägnant zusammenfassen: Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist zwar nicht alleine, aber doch in großem Maße für die immense Konstenexplosion auf dem Limburger Domberg verantwortlich. Zwar gab es bereits 2004 (also noch deutlich bevor Tebartz-van Elst Bischof wurde) Pläne für ein neues Haus der Bischöfe; diese wurden aber mehrfach umgeändert bzw. verworfen – unter Beauftragung verschiedener Architekten (vgl. S. 101ff.). Hinzu kommt, dass sich der Bischof noch vor 2010 dazu entschließt, die Organisation des Baus vom Limburger Domkapitel abzukapseln und vollständig auf den Bischöflichen Stuhl – also den Bischof selbst – zu übertragen (vgl. S. 102f.). Dies hat konkrete, ja sogar verheerende Folgen:
„Der Bischof und der Generalvikar sind zum damaligen Zeitpunkt davon überzeugt, eine Struktur geschaffen zu haben, die auch nach außen absolute Verschwiegenheit garantiert. Sie gründen damit jedoch ein, [sic!] sowohl in die Öffentlichkeit als auch zum Bistum hin intransparentes System.“ (S. 103)
Wenige Verantwortliche – große Verschwiegenheit
Faktisch sind ab 2010 nur noch fünf Parteien (bzw. sieben Personen) für den Neubau verantwortlich: Der Bischof, der Generalvikar, der Diözesanbaumeister, der Geschäftsführer sowie ein neu geschaffener, aus drei Personen bestehender Verwaltungsrat. All diese Gremien haben sich dem Bischof und Generalvikar vertraglich zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet – sowohl nach außen als auch nach innen. An dem riesigen Projekt arbeiten also drei Organe. Nebeneinander, nicht aber miteinander (vgl. S. 103f.).
Durch die Tatsache, dass das Bauprojekt im Verlauf der Zeit immer wieder erweitert wird (der Keller wurde vier Meter tiefer als urspünglich geplant gebaut) und Bischof Tebartz-van Elst immer wieder Extrawünsche äußert (z. B. das Austauschen bereits installierter Lichtschalter durch sensorgesteuerte Lichtschalter), steigen die Baukosten sukzessive. Sind im ersten Planungsvorschlag noch Kosten von zwei Millionen Euro veranschlagt (was schon damals ein viel zu niedriger Betrag ist), so wächst der Kostenbetrag bis zum 11.09.2013 auf etwa 31,5 Millionen Euro an (vgl. S. 105).
Entscheidend ist, dass die dabei entstehenden Kosten von den Verantwortlichen nach Ansicht der Prüfkommission vorsätzlich verschleiert wurden. So sei bereits am 01.07.2011 bekannt gewesen, dass das Projekt deutlich mehr als die bis dahin veranschlagten 17 Mio. € kosten werde. Der Diözesambaumeister sagte in einer Pressekonferenz am Tag vor der Eröffnung (28.06.2013), dass der Neubau 9,85 Mio. € koste – nach eigenen Angaben sollte er auf Anweisung des Bischofs eine Summe unter 10 Mio. € nennen. Auch ansonsten habe Tebartz-van Elst mehrfach darum gebeten, die richtigen Zahlen keineswegs zu veröffentlichen (vgl. S. 106).
Abschließend sagt die Prüfkommission, dass die handelnden Personen weder im Bistum zur Verfügung stehende Kompetenzen genutzt, noch eine offene Kommunikation in Bezug auf die Baumaßnahme mit kirchlichen Gremien sowie der Öffentlichkeit verfolgt haben. So kommt sie zu dem Fazit, dass das fertige Gebäude sowohl in seiner inneren als auch seiner äußeren Ausgestaltung äußerst ansprechend sei. „Seine Entstehung hat jedoch insgesamt gesehen – und zwar nicht im Hinblick auf seine […] aufgelaufenen Gesamtkosten von 30,717 Mio. € und seine komplizierten Entscheidungswege, sondern auch in seinen Auswirkungen auf die betroffenen Personen – einen sehr hohen Preis gefordert.“ (S. 106)
Was der Bericht über Tebartz-van Elst aussagt
Abgesehen vom Rücktritt Tebartz-van Elsts wird der Prüfbericht für den ehemaligen Limburger Bischof keine weiteren Konsequenzen haben. Allerdings offenbart er das Amtsverständnis Tebartz-van Elsts auf deutliche Art und Weise. Ich persönlich habe kein Problem damit, dass der Kostenvoranschlag für ein Bauprojekt geringer ist als die endgültige Summe (auch wenn der Unterschied in Limburg schon gewaltig ist). Viel schlimmer finde ich, dass dies systematisch und über einen längeren Zeitraum von mehr als drei Jahren geschehen ist.
Ein (Diözesan)bischof ist gemäß des Canon Iuris Canonici (die „Verfassung“ der Kath. Kirche) Vorsteher eines Bistums (vgl. c. 376 CIC). Er muss „sich auszeichne[n] durch festen Glauben, gute Sitten, Frömmigkeit, Seeleneifer, Lebensweisheit, Klugheit sowie menschliche Tugenden und die übrigen Eigenschaften besitz[en], die ihn für die Wahrnehmung des Amtes, um das es geht, geeignet machen“ (c. 378 § 1 n. 1).
Es ist also klar, dass ein Bischof, der seine Gemeinde langfristig täuscht, nur schwer für seine (bzw. weitere) Aufgabe(n) geeignet sein kann. Gerade angesichts der Tatsache, dass Bischöfe „[…] kraft göttlicher Einsetzung durch den Heiligen Geist, der ihnen geschenkt ist, an die Stelle der Apostel treten, […] in der Kirche zu Hirten bestellt [werden], um auch selbst Lehrer des Glaubens, Priester des heiligen Gottesdienstes und Diener in der Leitung zu sein“ (c. 375 § 1 CIC). Angesichts dessen, dass ein vertrauensvoller Umgang zwischen Tebartz-van Elst und den Limburger Katholiken kaum noch möglich gewesen wäre, ist sein Rücktritt insbesondere auch aus kirchenrechtlicher Sicht vollkommen konsequent.
Die Entschuldigung des Bischofs als „Spiegel“ des Berichtes?
Scheinbar hat dies auch Tebartz-van Elst in den vergangenen Tagen eingesehen. Am Freitag ist auf der Website des Bistum Limburg eine persönliche Stellungnahme des emeritierten Bischofs erschienen, in der erstmals Fehler eingesteht und diese bereut (siehe hier). Darin sagt er unter anderem:
„Mit dem Wissen von heute erkenne ich, dass ich Fehler gemacht habe. Auch wenn sie niemals aus Absicht entstanden, haben sie Vertrauen zerstört. Ich bitte alle um Vergebung, die unter meinen Versäumnissen gelitten haben oder leiden. […] Ich hoffe, dass es jenseits wechselseitiger Beschuldigungen und Verletzungen gelingt, aus der Distanz das Geschehene zu verstehen und Einsichten zu gewinnen, die zu einer Versöhnung führen können. Dafür werde ich beten, meine ganze Kraft einsetzen und bitte auch um das Gebet.“
Das Problem hier ist, dass Tebartz-van Elst den Prüfbericht nur zwei Tage zuvor als in großen Teilen falsch bezeichnet hat (siehe hier). Auch wenn der Bischof em. in seiner Nachricht an die Limburger Katholiken sagt, man solle diese Position nicht als Anfang einer neuen Auseinandersetzung, sondern als Zäsur betrachten, erscheint seine Entschuldigung also eher erzwungen als aus freien Stücken geschrieben.
Abschließende Gedanken
Was bleibt also nach der Causa Limburg? Nun, zunächst einmal hoffe ich, dass die Entschuldigung Tebartz-van Elsts – auch wenn ich den Eindruck (leider) nicht habe – aus vollem Herzen kommt. Nur dann ist, glaube ich, auch tatsächlich ein Neuanfang in Limburg möglich. Außerdem hoffe ich wirklich inständig, dass die Medien jetzt, wo alle Fakten auf dem Tisch liegen, nicht weitere Spekulationen verfolgen werden. Erstens, um tatsächlich einen Neuanfang in Limburg zu ermöglichen. Und zweitens, damit dem nächste Bischof von Limburg ein unbeschwerter Start ermöglicht werden kann. Das Bauprojekt am Domberg hat zwar viele Opfer eingefordert, aber jetzt ist es da. Die Zukunft kann man folglich nur noch mit dem Domberg gestalten. Ich hoffe, dass sich das alle Beteiligten vor Augen führen werden.
*Den vollständigen Abschlussbericht der Prüfkommission könnt ihr hier als PDF-Datei herunterladen.