Der Schulkonsens bringt nichts weiter als Verwirrung

21. Juli 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Nehmen wir das positive erst einmal vorweg: Vorgestern wurde in Düsseldorf ein parteiübergreifender Schulkonsens vorgestellt. Die Minderheitsregierung ist auf die oppositionelle CDU zugegangen und hat sich von ihrem Modell der Gemeinschaftsschule gelöst (was für zukünftige politische Entscheidungen sicherlich von Vorteil ist). Stattdessen entsteht ab dem kommenden Schuljahr die so genannte Sekundarschule; eine Schule, in der Kinder in der fünften und sechsten Klasse gemeinsam lernen, wodurch die individuellen Fähigkeiten eines jeden Kindes besser gefördert werden sollen. Eine Oberstufe soll es in der Sekundarschule nicht geben; viel mehr soll die Sekundarschule mit einem Gymnasium oder einer Gesamtschule kooperieren, um Kindern, die das Abitur machen wollen, den Einstieg in die Sekundarstufe 2 zu erleichtern.

Im Zuge des Gesetztesentwurfs hat sich die CDU dazu entschlossen, von ihrer Forderung nach der gesetzlichen Verankerung der Hauptschule zurückzutreten. Damit wird diese ab sofort dort aufgegeben, wo es keinen Sinn mehr macht, sie aufrecht zu erhalten (was schon zeitnah geschehen könnte; immerhin gibt es immer weniger Hauptschüler (siehe Grafik unten)).

Insgesamt gilt der Konsens bis 2023, was immerhin bedeutet, dass eine ganze Schülergeneration Planungssicherheit bezüglich der eigenen Schullaufbahn haben wird.

Quelle: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW

Als sie noch die Gemeinschaftsschule propagierte, argumentierte die rot-grüne Minderheitsregierung hauptsächlich mit dem gemeinsamen Lernen in Klasse 5 & 6. Selbiges gilt jetzt für das integrative System der Sekundarschule. Dies macht durchaus Sinn; immerhin können Schüler dadurch wirklich individueller gefördert werden. Nur irgendwie scheint vor allem die SPD während der gesamten Zeit vergessen zu haben, dass es genau solch ein System bereits in Form der Gesamtschule (welche übrigens auch ein integratives Schulmodell ist) gibt; zumal es auch erfolgreich ist. Schaut man auf die obige Grafik, dass es bereits 2006 mehr Gesamt- als Hauptschüler gab. Und die Tendenz geht dahin, dass die Zahl der Gesamtschüler mit denen der Realschüler auf eine Stufe kommen wird.

Gerade die Gesamtschule, die übrigens ein SPD-Erfolgsmodell aus den 1980er Jahren ist, hat den Vorteil, den einzelnen Schüler besser zu fördern. So bleiben die Schüler bis zur achten Klasse im Klassenverband; erst ab der neunten Klasse werden die Schüler entsprechend ihrer Fähigkeiten in leistungsgerechte Klassen, die auf die gymnasiale Oberstufe, den Realschulabschluss oder den Hauptschulabschluss vorbereiten, eingeteilt. So erhält jeder Schüler die für ihn bestmögliche Schulausbildung.

Anstatt also auf das Konzept der Gesamtschule zu setzen, das nahezu alle „Vorteile“, die die neue Sekundarschule verspricht, bereits vereint, sorgt die Regierung zusammen mit der CDU nur für Verwirrung. Mit jetzt insgesamt fünf Schulformen, von denen zwei integrativ sind (integrativ kann man etwas überspitzt mit identisch übersetzen), haben die Eltern jetzt die Qual der Wahl – was in diesem Fall nicht positiv ist. Diese Qual wäre uns tatsächlich erspart geblieben, wenn die Regierung anstatt dem neuen Konzept der Sekundarschule die Stärkung der Gesamtschule vorangetrieben hätte. Mit einer gestärkten Gesamtschule hätte man langfristig auch die Möglichkeit, ein zweigliedriges Schulsystem einzuführen, indem man Haupt-, Real- und Gesamtschule miteinander vereint. Mit dann nur noch zwei Schulformen hätte man ein klares System geschaffen, dass alle bisherigen Abschlüsse erfolgreich miteinander vereint und dabei jeden Schüler individuell fördert. Und verwirrt wäre dann niemand mehr.