Stefanie zu Guttenberg, die Frau unseres Verteidigungsministers Karl Theodor zu Guttenberg, hat es sich zur Aufgabe gemacht, potenzielle Kinderschänder aufzudecken und der Öffentlichkeit zu „zeigen“. In der RTL2-Serie „Tatort Internet“ halten sich vermeintlich junge Mädchen (in Wirklichkeit handelt es sich dabei um das Team von Frau zu Guttenberg) in verschiedenen Internet-Chats auf, bis sie von älteren Männern angesprochen werden und mit diesen einen Treffpunkt für bestimmte sexuelle Taten vereinbaren. Bei einem solchen Treffen erscheinen dann allerdings nicht die jungen Mädchen, sondern das Team von RTL2, das alles mit einer Kamera festhält; somit wird der vermeintliche Täter auf frischer Tat ertappt.
Dies ist sicherlich eine gute Idee, um zu zeigen, wie viele pädophile Menschen sich heutzutage im Internet aufhalten. Immerhin sind solche Männer potenzielle Straftäter. Allerdings meldet die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) heute, dass die in der Fernsehsendung gezeigten mutmaßlichen Kinderschänder ziemlich leicht identifiziert werden konnten und infolgedessen jetzt Morddrohungen erhalten. Der Sender RTL2, der die Sendung produziert hat (und ansonsten eher für Trash-Formate wie z. B. „Frauentausch“ bekannt ist) scheint also relativ schlampig gearbeitet zu haben. Denn Fakt ist, dass laut Grundgesetz jeder Mensch eine „unantastbare Würde“ hat (§ 1, Abs. 1(1)). Man kann in solch einem Fall getrost auch Diskriminierung sprechen, ein Delikt, der ebenfalls gegen das Grundgesetz verstößt (vgl. § 1, Abs. 2+3). Aus diesen Gründen dürfte die Ausstrahlung dieser Sendung für RTL2 also nicht folgenlos bleiben – man ist allerdings auch fast dazu geneigt, dass dies zurecht so ist.
Letztendlich stellt sich noch die Frage, warum sich Stefanie zu Guttenberg für ihr zweifelsohne gut gemeintes Projekt nicht einen seriöseren Sender als RTL2 ausgesucht hat, denn als Gattin des Bundesverteidigungsministers wird sie sicherlich die Möglichkeit dazu gehabt haben. Denn gerade ein Sender wie RTL2 mit seinen unzähligen Trash-Formaten, die die sozialen Abgründe Deutschlands immer wieder auf belustigende – ja teilweise schon diffamierende – Art und Weise darstellt, scheint für das so wichtige Thema der Pädophilie gänzlich ungeeignet. Würde das Format in einem seriöseren (z. B. Öffentlich-rechtlichen) Sender gesendet werden, so wäre der Lapsus mit der leichten Identifizierungsmöglichkeit der mutmaßlichen Täter sicherlich nicht passiert; man hätte zudem auch die Möglichkeit gehabt, deutlich mehr Menschen zu erreichen.
Letzten Endes kann man eigentlich nur sagen, dass dieses Format von Frau zu Guttenberg definitiv eine sehr gute Idee ist. Allerdings hapert es stark an der Umsetzung eines Projektes dieser Klasse. Denn die Ministergattin hat für ihr Format mit RTL2 einen Sender engagiert, der offensichtlich nur schlampig mit seiner Verantwortung umgeht und somit das gesamte Projekt stark gefährdet. Schade.