Es ist Zeit zum Durchgreifen!

11. September 2011 Ethik, Gesellschaft
von Matija Vudjan

Am vergangenen Mittwoch hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: die Finanzspritzen der Bundesregierung für die Griechenland-Rettung widersprechen nicht dem Grundgesetz. Die Bundesregierung, allen voran Kanzlerin Angela Merkel, hat somit eine wichtige Hürde genommen. Das Urteil des Verfassungsgerichts ist zwar „nur“ auf die Griechenland-Hilfe vom Mai bezogen; allerdings gilt es als sicher, dass die Bundesregierung – mit Zustimmung des Bundestags (dies ist eine zentrale Forderung der Verfassungsrichter) weitere Finanzspritzen für Griechenland beschließen kann, ohne dabei gegen das Grundgesetz zu verstoßen.

Ob im Verfassungsgericht richtig entschieden wurde wird die Zukunft noch zeigen.
(Foto: Tobias Helfrich für Wikipedia)

Trotz dieses vermeintlich positiven Urteils wächst in den Fraktionen von Union und FDP weiter der Unmut. Schon Ende September soll im Bundestag nämlich über ein weiteres Hilfspaket für die klammen Griechen entschieden werden. Merkel und Finanzminister Schäuble setzten sich weiterhin stark dafür ein. Allerdings scheinen immer mehr Parlamentarier von Union und FDP etwas gegen diese Pläne zu haben. Wie der Spiegel Anfang September berichtete, wollen insgesamt 25 Abgeordnete der drei Parteien bei der Abstimmung im Bundestag gegen ein weiteres Hilfspaket stimmen.

Fünfundzwanzig – eine Zahl, die der Kanzlerin noch starke Kopfschmerzen bereiten könnte. Sollten jene Abgeordnete wirklich gegen das Hilfspaket stimmen oder sich enthalten, würde die Bundesregierung ihre Mehrheit im Bundestag verlieren – und die Kanzlerin ihre Glaubürdigkeit. Aber auch in anderer Hinsicht ist diese Zahl interessant: immerhin spiegeln die 25 Parlamentarier auch die momentane Lage im Volk dar. Der allgemeine Tenor lautet inzwischen, dass Griechenland es nicht schaffen wird, seine immensen Schulden abzubauen. Von der Rückzahlung des Hilfspakets gar nicht zu sprechen.

Fest steht, dass das Griechenland-Problem irgendwie gelöst werden muss. Entweder durch weitere Finanzspritzen, die das bankrotte Land vermutlich nie zurückzahlen wird und das Problem zwangsläufig nur vergrößern werden. Oder aber durch einen Schnitt. FDP-Chef Rösler überlegt beispielsweise laut über eine Insolvenz Griechenlands nach. Fraglich ist nur, ob es wirklich so weit kommen muss. Ebenso fraglich ist, warum immer noch viele Politiker gegen einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone sind. Griechenland könnte seine alte Währung, die Drachme, wieder einführen. Durch eine Abwertung der eigenen Währung könnten Investoren angezogen werden, und dadurch die Schulden automatisch gesenkt werden. Insgesamt könnte das Land so wieder gestärkt der Eurozone beitreten – was für beide Seiten wohl von Vorteil wäre.

Egal, wie man am Ende handeln wird; eines muss dabei klar sein: die Rettung Griechenlands ist gleichbedeutend mit der Rettung der gesamten Eurozone. Deshalb sollte man bereit sein, vorübergehende Opfer einzugehen, die sich in der Zukunft auch auszahlen werden.

Ein Jahr Schwarz-Gelb: hat die Regierung gehalten, was sie versprochen hat?

28. Oktober 2010 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Am 26. Oktober letzten Jahres wurde der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung aus CDU und FDP feierlich vorgestellt. Bundeskanzlerin Merkel betonte, sie wolle eine Kanzlerin für das gesamte deutsche Volk sein. Und auch der neue Vizekanzler Westerwelle stellte klar, dass die Bundesregierung das Ziel habe, vor allem den deutschen Mittelstand zu fördern. Die Bundesregierung wollte also (auf den ersten Blick) soziale Politik betreiben, von der letzten Endes jeder profitieren würde.

Nach einem Jahr Legislaturperiode kann man jetzt Bilanz ziehen: das Kabinett Merkel II hat, wenn man die Reformen in Bezug zu den unzähligen Wahlversprechen setzt, schlichtweg versagt. Sicherlich hat die Bundesregierung aus wirtschaftlichen Gründen heraus richtig gehandelt, als sie gegen Ende des letzten Jahres das „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ beschlossen und gegen die Opposition durchgesetzt hat. Immerhin ist Deutschland heute der erste Staat, der einen deutlichen Wirtschaftsaufschwung verbuchen kann. Allerdings wurden gerade durch dieses Gesetz die „kleinen“ Menschen benachteiligt, die eigentlich gerade Hilfe vom Staat benötigen. Und gerade diejenigen, die durch höhere Steuerabgaben einen Wirtschaftsaufschwung verursachen hätten können, wurden plötzlich durch Steuerbegünstigungen bevorzugt. Als wirklich sozial kann man solch ein Gesetz nicht wirklich bezeichnen.

Das „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ ist allerdings nicht die einzige Reform, die über viel Unmut in der deutschen Bevölkerung gesorgt hat. Noch 2003 beschloss die damalige Rot-Grüne Regierung im Zuge der Agenda 2010 die Laufzeiten für die Atomkraftwerke. Laut diesem Gesetz sollte das letzte AKW 2025 vom Netz genommen werden. Die neue Regierung hat nach starkem Druck der großen deutschen Energiekonzerne – trotz Bedenken des eigenen Umweltministers Röttgen (was für die Einheit in der Koalition spricht) – das Gesetz reformiert, sodass der letzte Atommeiler erst 2040 nicht mehr in Betrieb sein wird. Auch hier kann man zunächst sagen, dass man große Energieunternehmen aufgrund ihrer großen Steuerabgaben im eigenen Land halten muss. Allerdings gibt es bis heute immer noch kein verlässliches Endlager, in dem man die Unmengen an produziertem Atommüll lagern könnte. Und außerdem wurde durch dieses Gesetz auch die Chance auf eine vermehrte Nutzung von erneuerbaren Energien genommen, die viele neue Arbeitsplätze garantiert hätte. Auch hier hat die Regierung also eher lobbyistisch als sozial gehandelt.

Die einzige Reform, die man als wirklich sozial und erfolgreich bezeichnen kann, kommt ausgerechnet von einem Minister, der nicht über wirklich viel Erfahrung im Politikwesen vorweisen kann. Karl-Theodor zu Guttenberg hat es geschafft, seine Bundeswehrreform gegen hohen Widerstand (vor allem aus der eigenen Partei) durchzusetzen. So wird es schon in Naher Zukunft, wahrscheinlich sogar noch dieses Jahr, dazu kommen, dass die Wehrpflicht ausgesetzt werden wird. Für viele junge Menschen ist dies sicherlich eine freudige Nachricht. Sicherlich muss man auch hier beachten, dass viele Betriebe, die bisher Zivildienstleistende angestellt hatten (z. B. Altenheime) jetzt Probleme mit Neubeschäftigungen bekommen werden. Aber alles in allem stößt Guttenbergs Reform doch auf großen Zuspruch.

Was kann man letztendlich also zum ersten Jahr der schwarz-gelben Bundesregierung sagen? Sie hat in vieler Hinsicht versagt. Vor allem in sozialen Belangen hat sie nicht das halten können, was sie vor der Wahl versprochen hat. Es gab insgesamt nur wenige Reformen, die in der Bevölkerung Zuspruch gefunden haben. Deshalb kann man durchaus sagen, dass die Zukunft des Kabinetts Merkel II ungewiss ist. Vieles darüber wird sich schon in naher Zukunft entscheiden, wenn die Landtagswahlen in Baden-Württemberg stattfinden werden. Wenn CDU und FDP in ihrer konservativen Hochburg die Macht verlieren sollten, könnte es sehr schnell auch zu einer Neuwahl auf Bundesebene kommen.