Vorgestern hat das schwarz-gelbe Kabinett sein neues Energiekonzept vorgestellt. Damit ist der alte Beschluss, der noch im November letzten Jahres verabschiedet worden ist, schon jetzt Vergangenheit. Sollte das letzte Atomkraftwerk nach dem alten Beschluss noch bis 2040 am Stromnetz bleiben, so wird es jetzt schon im Jahre 2022 abgeschaltet, wie es die von der Bundesregierung ins Leben gerufene Ethik-Kommission bereits letzte Woche vorgeschlagen hat. Die sieben AKWs, die im Zuge des Moratoriums schon von Netz genommen wurden, werden überhaupt nicht mehr an dieses angeschlossen.
Merkel macht also tatsächlich ernst – und kehrt (im großen und ganzen) zum rot-grünen Ausstiegsbeschluss von 2000 zurück. Haben ihr viele Menschen (darunter auch ich) nach Fukushima puren Aktionismus vorgeworfen, so muss man jetzt anerkennen, dass sie wirklich aus der japanischen Atomkatastrophe gelernt hat. Dafür gebührt ihr jetzt höchster Respekt.
Es ist übrigens auch bemerkenswert, dass die Brennelementsteuer nach dem neuen Atombeschluss nicht abgeschafft wird – auch hier hat die schwarz-gelbe Koalition eine Kehrtwende geschafft. Galt sie noch zu Beginn der Legislaturperiode als Segen für die großen Wirtschafts- und Industriekonzerne (man beachte nur die „Hotelsteueraffäre“), so wird jetzt auch diese Gesellschaftsgruppe „benachteiligt“. Immerhin hätte man sich vorstellen können, dass die Brennelementsteuer aufgrund der Tatsache, dass die Stromkonzerne durch den Atomausstieg mehrere Milliarden € verlieren, als eine Art Entschädigung abgeschafft würde. Stattdessen bleibt sie weiter bestehen (umso verwunderlicher ist hierbei übrigens, dass auch die FDP die Brennelementsteuer nicht abschaffen wollte). Irgendwie ist es deswegen auch nicht anders zu erwarten gewesen, dass mit E.on schon der erste Atomkonzern gegen diese Steuer Klage eingereicht hat.
Im allgemeinen erreicht der neue Ausstiegsbeschluss eine breite Zustimmung. Viele Menschen und auch Organisationen sehen diesen Ausstieg als positiven Schritt in die Zukunft. Es gibt allerdings einige, die den Ausstieg kritisieren: Greenpeace hat beispielsweise bemängelt, dass der Atomausstieg nicht zum frühesten Zeitpunkt (nach Greenpeace-Berechnungen im Jahre 2017) vollzogen werden wird. Die Grünen bemängelten außerdem die Pläne der Bundesregierung, zwei oder drei Atomkraftwerke für Stromengpässe in Bereitschaft zu halten.
Auch wenn diese Kritik in manchen Punkten sogar angemessen zu sein scheint, so darf man im Atomausstieg die soziale Komponente nicht außer Acht lassen. Tatsache ist, dass der Strom auch in Zukunft bezahlbar bleiben muss. Bei einem zu schnellen Ausstieg aus der Kernenergie wäre dies mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr der Fall. Deshalb ist es auch nicht so wichtig, ob ein Atomausstieg zwei Jahre früher oder später vollzogen wird. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat dies erst kürzlich in einem Interview betont.
Zusammenfassend lässt sich sagen: der schwarz-gelbe Ausstiegsbeschluss ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Und obwohl er in großen Teilen mit dem rot-grünen Ausstiegsbeschluss von 2000 übereinstimmt, können wir davon ausgehen, dass sich die Bundesregierung damit auf besondere Art und Weise schmücken wird – etwas anderes kennen wir aus der Politik ja nicht. Dass der Atomausstieg nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt vollzogen wird, hat durchaus auch einen positiven Charakter; immerhin wird dadurch die soziale „Verträglichkeit“ des Ausstiegs gewährleistet.
Übrigens: Wenn es in ein paar Tagen zur Abstimmung im Bundestag kommen wird, wird die SPD zusammen mit der Regierungskoalition für den Atomausstieg stimmen. Dies ist gestern schon mehrfach angedeutet worden.