Gedanken zur Woche #37

5. Oktober 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Allein dieser Satz offenbart, welch eine unglaubliche Schandtat die gerade aufgedackte Gewalt in Flüchtlingsheimen ist! Menschen erhoffen sich bei uns endlich einen Ausweg aus ihrer persönlichen Hölle – und werden stattdessen noch tiefer in diese hineingestoßen. Eines ist klar: Die Täter müssen unbedingt dafür bestraft werden!

Papst Franziskus hat in dieser Woche angesichts der Eskalation der Lage im Nahen Osten mehrere Nuntii sowie diplomatische Vertreter zu einem Krisengipfel in den Vatikan eingeladen. Für mich wird immer mehr deutlich: War Benedikt ein „theologischer“ Papst, setzt Franziskus seine Schwerpunkte eindeutig im politischen Bereich. Trotz der heute begonnenen habe ich nicht den Eindruck, dass sich das noch ändern wird.

Günther Jauch steht nach seinem Talk am vergangenen Sonntag stark in der Kritik, weil er einem salafistischen Prediger nicht – wie von vielen Menschen gewünscht – das Mundwerk legte, sondern ihn gewähren ließ. Folgender Artikel im „Spiegel“ zeigt aber: Das Problem liegt nicht bei Jauch, sondern hat einen ganz anderen Ursprung:
Unser Muslim, das unbekannte Wesen

Ich habe es bereits erwähnt: Heute hat in Rom die zweiwöchige Bischofssynode zu Themen wie Familie, Partnerschaft und Sexualität mit einer feierlichen Messe im Petersdom begonnen. Bereits im Vorfeld haben sich zwei Lager herausgebildet, die sich gegenseitig „bekämpfen“: die eine Gruppe ist von konservativer Prägung, die andere von progressiver. Der Leitartikel der aktuellen „Christ und Welt“ verschafft einen guten Überblick über die gesamte Situation: Meine Ehe, deine Ehe

Rezension: theo. Katholisches Magazin

1. Oktober 2014 Theologie
von Matija Vudjan

Bereits vor einiger Zeit, noch im Juli, habe ich ein Ansichtsexemplar des theo-Magazins (Webseite s. hier) bekommen. Durch meinen Urlaub, die Exkursion nach Berlin (ich berichtete) sowie mehrere universitäre Verpflichtungen habe ich es also relativ lange nicht geschafft, in das Magazin zu schauen. Umso intensiver habe ich mich in den vergangenen Tagen mit „theo“ befasst – und möchte euch heute darüber berichten.

Weiterlesen

Gedanken zur Woche #36

28. September 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Der ehemalige Nuntius der Dominikanischen Republik, Józef Wesołowski, ist wegen des Vorwurfs des Kindesmissbrauchs unter Hausarrest gestellt worden – auf ausdrücklichsten Wunsch des Papstes, wie der Vatikan bestätigt hat. So sprachlos ich über die Taten bin, bin ich wirklich froh, dass die vom Papst angekündigte Null-Toleranz-Politik jetzt auch durchgesetzt wird – und nicht vor der „Prominenz“ Halt macht.

Eine weitere Nachricht vom Heiligen Stuhl: Neben Wesołowski hat Franziskus auch Bischof Rogelio Ricardo Livieres Plano aus Paraguay, der bei der Vertuschung des sexuellen Missbrauchs seines Generalvikars behilflich gewesen sein soll, aus seinem Amt enthoben. Auch in diesem Fall kann man nur von einer richtigen Entscheidung sprechen. Und dennoch bleibt die Furcht, dass es sich bei diesen zwei Fällen nicht um Einzelfälle handelt…

Auf den Philippinen werden in diesen Tagen zwei deutsche Geiseln von IS-nahmen Terroristen gefangen gehalten. Die Geiselnehmer fordern von der Bundesregierung ein hohes Lösegeld sowie das sofortige Ende der Waffenlieferungen in den nahen Osten – die Regierung hält jedoch weiterhin an ihrer Strategie fest. Ich habe, um ehrlich zu sein, erhebliche Zweifel, dass das der richtige Weg ist…

Das Bundesarbeitsgericht hat geurteilt: Christliche Arbeitgeber dürfen muslimischen Mitarbeiterinnen verbieten, Kopftuch zu tragen. Juristisch mag das Urteil aufgrund des Staatskirchenvertrages rechtens sein. Trotzdem (oder gerade deswegen) sollte es der Kirche ein Anliegen sein, an dieser Stelle weltoffener zu werden: Christliche Werte werden nämlich nicht durch Kleidung, sondern durch Taten vermittelt und gelebt. Nicht die Hülle ist entscheidend, sondern einzig und allein der Kern!

Anlässlich des in der vergangenen Woche stattgefundenen „Marsches für das Leben“ wurde auf die Katholische Herz-Jesu-Kirche durch eine linksradikale Gruppierung ein vandalistischer Anschlag verübt. Mehrere Fenster und Räume sind zerstört bzw. verwüstet (nähere Informationen dazu u. a. hier). Eine Schande, dass es so etwas noch in einem Staat, in dem Meinungsfreiheit groß geschrieben wird, noch gibt!

Der Ethikrat hat sich in einem in dieser Woche Veröffentlichten Positionspapier dafür stark gemacht, das gegenwärtig bestehende Inzestverbot in Deutschland zu lockern – und ist dafür von vielen Seiten stark kritisiert worden. Richtig so! Wer als ethisches Gremium biologisch argumentiert, hat seine Aufgabe grundlegend verfehlt! Ganz abgesehen davon, dass (wenige) Ausnahmen eine Regel nicht aufheben, sondern sie eher bestätigen.

Nachdem Apple in den vergangenen Tagen viel Häme einstecken musste, gibt es heute noch eine positive Nachricht: Der Konzern hat einen neuen Algorithmus entwickelt, der für jedes iPhone einen individuellen Code generiert, der wiederum dafür sorgt, dass das Smartphone besser gegen Datendiebstahl (z. B. durch die NSA) schützen soll. Ein erster Schritt also in Richtung mehr Datenschutz und Privatsphäre. Gut so!

Gedanken zur Woche #35

21. September 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

In diesen Tagen wird das Asylgesetz neu geregelt. Unter anderem gelten dann Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“, was nichts anderes bedeutet, als dass Asylanträge schnell (und systematisch) abgelehnt werden können. Ich halte das für falsch; jeder Fall muss einzeln untersucht werden!

Papst Franziskus ist heute zu Besuch in Albanien gewesen. Er hat das Land für seinen Einsatz für den interreligiösen Dialog gelobt – und zugleich die terroristischen Machenschaften des IS scharf verurteilt: Niemand dürfe die Religion zum Vorwand dafür nehmen, gegen die Würde des Menschen und seine Grundrechte zu handeln. Gut so!

In dieselbe Kerbe hat der Zentralrat der Muslime in Deutschland vorgestern eingeschlagen, als er – in Verbindung mit dem Freitagsgebet – zu einem überreligiösen, gemeinsamen Friedensgebet eingeladen und sich eindeutig von IS distanziert hat. Auch hier gilt: Gut so! Terrorgemeinschaften wie IS kann am besten Handwerk gelegt werden, wenn ihnen der „eigene“ Boden unter den Füßen weggezogen wird!

Gestern hat Uli Hoeneß offenkundig das erste Mal seit seinem Haftantritt Freigang erhalten und seine Familie besucht. Jetzt ist eine Debatte entstanden, in der wieder offen über einen scheinbaren Promi-Bonus diskutiert wird – dabei ist der gerade vollzogene Schritt nach Ansicht mehrerer Juristen vollkommen normal, da er fester Bestandteil des Resozialisierungsprogramms ist. Mein Appell an alle: Menschen wie Hoeneß dürfen keinen Promi-Malus bekommen! So fair müssen wir als Gesellschaft sein!

In Berlin fand gestern der so genannte „Marsch für das Leben“ statt (Informationen dazu hier). Zeitgleich fanden auch Gegendemonstrationen statt (die man in einem Rechtsstaat – unabhängig von der Sachlage – begrüßen muss), aber vereinzelt kam es wohl auch zu gewalttätigen Übergriffen auf die Demonstranten. So etwas ist nicht hinnehmbar! Ich habe es schon oft gesagt – und kann es nur wiederholen: Wenn wir ein gesellschaftlich fruchtbare Debatte führen wollen, muss das auf einer sachlichen Ebene geschehen!

Gedanken zur Woche #34

14. September 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Die Salafisten haben hierzulande in den vergangenen Tagen einen medialen Coup gelandet – nichts anderes ist die „Scharia-Polizei“! Mediale Selbstvermarktung ist tatsächlich ein Bereich, in dem unsere liberale Gesellschaft (oder im Speziellen die Kirche(n) in säkularen Räumen) von Fundamentalisten lernen kann!

Um beim Thema „Islamismus“ zu bleiben: ISIS wurde in dieser Woche in einem Schnellverfahren verboten. Jede Nähe zu der terroristischen Vereinigung wird ab sofort strafrechtlich verfolgt. Ich begrüße diesen Schritt ausdrücklich – und frage mich doch zugleich, warum ein solcher Schritt nicht auch im Hinblick auf die NPD möglich ist…

Oscar Pistorius ist im Mordprozess gegen ihn in der Sache freigesprochen worden. Stattdessen hat ihn die Richterin wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Das hat zwar zu vielen Protesten geführt, ist juristisch aber konsequent: Pistorius konnte kein (vorsätzlicher) Mord nachgewiesen werden; und in solchen Fällen heißt es bekanntlich: „In dubio pro reo.“

Diane Foley, die Mutter des von ISIS enthaupteten James Foley, hat der US-Regierung vorgeworfen, ihren Sohn im Stich gelassen zu haben. Auf der Mikroebene hat sie zweifelsohne Recht; auf der Makroebene (d. h. gesamtgesellschaftlich) kann man den Vorwurf – so makaber das aus Foleys Sicht auch sein mag – durchaus relativieren.

Nach James Foley und Steven Sotloff ist jetzt mit David Haines erstmals ein Brite brutal (und medienwirksam) enthauptet worden – er hinterlässt zwei Kinder. Besonders makaber ist in diesem Fall: Haines war Mitglied einer Hilfsorganisation, leistete in der Krisenregion humanitäre Hilfe. Für seinen guten Willen ist er also auf bestialische Weise bestraft worden!

Der Herbst der Landtagswahlen ist mit dem heutigen Sonntag vorbei: Brandenburg und Thüringen haben gewählt – und in beiden Bundesländern liegt die Wahlbeteiligung bei erschreckenden 50%! Es darf nicht mehr (wie heute Abend im ZDF, als die Wahlen mit den letzten Wahlen vor vier Jahren und der parallel stattgefundenen Bundestagswahl verglichen wurden) relativiert werden – stattdessen muss endlich gegengesteuert werden!

Vielleicht habt ihr es bereits mitbekommen: Ich war in dieser Woche – wohlgemerkt in theologischer Mission – in Berlin. Dabei habe ich vor allem eines gelernt: Wenn wir in einer säkularen, liberalen Gesellschaft einen interkulturellen und -religiösen Dialog schaffen wollen, müssen wir bei uns selbst anfangen – und an unsere Grenzen gehen! Ausführlichere Gedanken dazu kommen in den kommenden Tagen!