Das Casino gewinnt immer…

31. Mai 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Seit einigen Wochen macht die Brauerei Veltins im Fernsehen auf eine ganz besondere Art und Weise Werbung: Ein Mann öffnet seine Flasche Veltins und sieht im Kronkorken einen VW Golf. Diesen hat also just gewonnen – und freut sich, wie sollte es auch anders sein, riesig…

Die im gesamtdeutschen Raum bekannte Brauerei wirbt momentan mit einem Gewinnspiel der besonderen Art. In die Kronkorken auf den Bierflaschen werden verschiedene Symbole gedruckt, die allesamt für verschiedene Gewinne stehen. Der Hauptgewinn ist z. B. einer von 100 VW Golf; außerdem kann man ein Jahresabo für eine Zeitschrift sowie einen Gutschein für den Elektronikriesen Mediamarkt gewinnen (diese werden als Sofortgewinne bezeichnet).

Dass solche Gewinnspielaktionen meistens den Sinn haben, den eigenen Umsatz und vor allem den eigenen Gewinn deutlich zu steigern, dürfte inzwischen allgemein bekannt sein. Trotzdem lassen sich auch heute noch viele Menschen von Werbeaktionen dieser Art leicht beeinflussen. Immerhin wird dem Fernsehzuschauer in der Werbung „versprochen“, dass er beim Kauf eines Kastens Bier einen neuen VW Golf geschenkt bekommt. Zu diesen so leicht beeinflussbaren Menschen zähle – das muss ich mir eingestehen – auch ich. Denn ich habe seit Beginn dieser Aktion schon den fünften Kasten Veltins-Bier gekauft. Und zu meiner persönlichen Enttäuschung hatte ich bisher keinen Erfolg.

Vielleicht sollte ich mir doch bewusst machen, dass die Wahrscheinlichkeit, beim Kauf eines Kastens Bier ein neues Auto zu gewinnen, verschwindend gering ist und dass die Brauerei (oder im allgemeinen jeder Gewinnspielanbieter) der einzige Gewinner einer solchen Aktion ist. Wie heißt es schließlich im Glücksspiel: Das Casino gewinnt immer…

„Auferstanden in Ruinen“ – der neue RWE

30. Mai 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Es ist nicht einmal ein ganzes Jahr vergangen, seit ich davon berichtet habe, dass der Essener Traditionsverein, damals noch Viertligist, kurz vor der Insolvenz stünde und dass er, um diese noch abzuwenden, in wenigen Tagen 2,5 Millionen € aufbringen müsste.

Das Wappen von RWE

Wie sich damals schon nach wenigen Tagen herausstellte, schaffte RWE es nicht mehr, das nötige „Kleingeld“ noch aufzubringen (im Nachhinein erwies sich dies sogar als positiv, aber dazu später mehr).Der Traditionsverein – immerhin Pokalsieger 1953 sowie Deutscher Meister 1955 – musste also Insolvenz anmelden; im deutschen Fußball ist dies gleichbedeutend mit dem Entzug der Lizenz für die aktuelle Spielklasse. Besser bekannt ist der Begriff Zwangsabstieg.

Für eine kurze Zeit stand es nach der Anmeldung der Insolvenz sogar zur Debatte, den Verein unter einem neuen Namen in der Kreisliga C, also der tiefsten deutschen Spielklasse, neu aufzubauen. Letztendlich schaffte man es aber, die Lizenz für die NRW-Liga (5. Liga) zu erhalten – und wagte dort den Neuanfang.

Den Neuanfang kann man im Falle Rot-Weiss-Essen wirklich wörtlich verstehen. Es wurde nicht nur eine neue Mannschaft zusammengestellt, ein Procedere, das nach einem Abstieg häufiger geschieht. Diese bestand hauptsächlich aus jungen Spielern, die aus der Region kommen. Neben der neuen Mannschaft entstand eine vollkommen neue Führungsriege: Sowohl der Vorstand als auch die Geschäftsführung wurden neu besetzt. Dadurch entstand – zwar durch die Insolvenz erzwungen –  ein vollkommen neues Konzept: Machte man bisher immense Schulden, um eine Mannschaft zu formen, die die immer wieder viel zu hoch gesteckten Ziele verwirklichen sollte, so war man vor einem Jahr dazu gezwungen, zu sparen. Dies hatte offensichtlich den Effekt, dass man mit den eigenen Zielsetzungen deutlich zurückhaltender wurde: Obwohl RWE von allen anderen Vereinen als der Topfavorit auf den direkten Wiederaufstieg in die 4. Liga gesehen wurde, gab man als eigenes Saisonziel „nur“ den 5. Platz aus.

Und so kam es, wie es kommen durfte: Die Mannschaft spielte ohne hohen Erwartungsdruck stark auf und wurde während der Saison immer mehr zum Topfavoriten auf den Aufstieg. Von den Verantwortlichen lautete die Zielsetzung indes weiterhin Platz 5, sodass das Team weiterhin frei aufspielen konnte.

Für den weiteren Saisonverlauf hatte diese Strategie weit reichende Folgen: Die Mannschaft wurde (vor allem im Defensivbereich) immer stabiler und konnte ihrer Favoritenrolle gerecht werden und den Aufstieg samt Meisterschaft nach nur einem Jahr in der NRW-Liga vollenden. Außerdem schaffte es RWE auch noch, den Verbandspokal zu gewinnen, wodurch die Teilnahme an der ersten Runde des DFB-Pokals in der nächsten Saison garantiert ist. Und auch finanziell hat sich der mit der Insolvenz verbundene Gang in der Fünftklassigkeit ausgezahlt: Wurde Rot-Weiss vor einem Jahr noch von einer immensen Schuldenlast erdrückt, so wird der Verein am 1. Juli vollkommen schuldenfrei sein. Dies drückt sich vor allem darin aus, dass nun endlich dass maroder Georg-Melches-Stadion durch ein neues Fußballstadion ersetzt wird.

Fazit: Rot-Weiss-Essen hat nach vielen Jahren, in denen der Verein schlecht wirtschaftete und sich sportlich viel zu hohe Ziele setzte, nur notgedrungen auf ein neues sportliches Konzept gesetzt. Dass dieses zu so positiven Ergebnissen geführt hat, ist deshalb umso schöner (zumal vor der Saison niemand an der Hafenstraße damit gerechnet hat). Deshalb bin ich mir auch sicher, dass RWE, sollte das Konzept der Sparsamkeit und der Zurückhaltung weiter umgesetzt werden, für viele Vereine ein gutes Vorbild sein kann und auch selbst in eine rosige Zukunft blicken kann. Auch wenn es bis zum eigentlichen Ziel, irgendwann wieder ein Teil des deutschen Profifußballs zu sein, noch ein harter und steiniger Weg ist.

„Maifest“

27. Mai 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Ich habe schon länger kein neues „Gedicht der Woche“ online gestellt. Und da sich der schönste Monat des Jahres seinem Ende zuneigt; habe ich mich dazu entschlossen, ihn mit einem der schönsten Goethe-Gedichte noch einmal gebührend „feiern“:

Maifest (1771)

Wie herrlich leuchtet
Mir die Natur!
Wie glänzt die Sonne!
Wie lacht die Flur!

Es dringen Blüten
Aus jedem Zweig
Aus tausend Stimmen
Aus dem Gesträuch

Und Freud und Wonne
Aus jeder Brust.
O Erd‘, o Sonne
O Glück, o Lust,

O Lieb‘, o Liebe,
So golden schön
Wie Morgenwolken
Auf jenen Höhn,

Du segnest herrlich
Das frische Feld,
Im Blütendampfe
Die volle Welt!

O Mädchen, Mädchen,
Wie lieb‘ ich dich!
Wie blinkt dein Auge,
Wie liebst du mich!

So liebt die Lerche
Gesang und Luft,
Und Morgenblumen
Den Himmelsduft,

Wie ich dich liebe
Mit warmen Blut,
Die du mir Jugend
Und Freud‘ und Mut

Zu neuen Liedern
Und Tänzen gibst.
Sei ewig glücklich,
Wie du mich liebst.

Johann Wolfgang von Goethe

Homo versus naturae – ein Kampf auf verlorenem Posten

26. Mai 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Auch wenn die folgende Aussage für einige Leser komisch oder gar arrogant klingen mag, muss ich zugeben, dass ich mich gefreut habe, als ich am Montag von der Eruption des isländischen Vulkans Grimsvötn las. Nicht, weil die Ortschaften rund um den Vulkan mehrere Tage lang kein Sonnenlicht genießen konnten; und auch nicht, weil durch einen Asche spuckenden Vulkan die Luft verschmutzt wird (was für viele – vor allem empfindliche Menschen – schlimme Folgen haben kann). Nein, ich habe mich gefreut, weil solch eine Naturkatastrophe immer wieder zeigt, dass der Mensch eben doch nicht das allmächtige, unaufhaltsame Wesen ist, als das er sich häufig ständig sieht.

Es ist im Allgemeinen so, dass der Mensch schon immer ein machtbesessener Erdbewohner war. Werfen wir nur einen kleinen Blick zurück in die Geschichte: Vor 2000 Jahren waren die Römer die alles bestimmende Macht, die ihr Imperium Romanum auf der gesamten – ihnen Bekannten – Welt ausbreiten wollten. Dass sie damit wegen einer Vielzahl von Gründen gescheitert sind, ist heute allseits bekannt. Schauen wir in die Geschichte der Neuzeit, so erkennen wir auch hier das Phänomen des machtbesessenen Menschen: Napoleon und Hitler sind nur zwei Beispiele dafür, dass Menschen mit aller Macht versuchen, die „Weltherrschaft“ an sich zu reißen, am Ende aber fast immer kläglich scheitern.

Aufgrund der vielen zwischenstaatlichen Bündnisse ist es heute auf der politischen Ebene nahezu unmöglich geworden, sich selbst zu profilieren. Stattdessen erlaubt es uns das stark kapitalistische Wirtschaftssystem, nicht mehr als einzelne Person, sondern viel mehr mit Hilfe von Firmen an die Macht zu gelangen. Man muss nur nach Japan schauen: Nur um den eigenen Gewinn zu maximieren, hat die Firma Tepco Atomkraftwerke gebaut, die nicht einmal ansatzweise den Sicherheitsstandards entsprachen. Für dieses „Verbrechen“ wird jetzt die gesamte Menschheit bestraft. Und auch wenn wir in Deutschland bleiben, wimmelt es nur von Unternehmen, die sich weigern, ihr Handeln der allgemeinen Sicherheit anzupassen und stattdessen ihre Gier nach weiteren Gewinnen zu Lasten der Bevölkerung ausleben. RWE behauptet beispielsweise mit aller Macht, dass die eigenen Atomkraftwerke sicher sind und hat deswegen eine Klage gegen das Moratorium der Bundesregierung eingereicht. Schade nur, dass die vom Kabinett ins Leben berufene Kommission zur Klärung der Zukunft der Kernkraft in Deutschland zum Schluss gekommen ist, dass keines der deutschen AKWs den modernen Standards entspricht

Um zurück zum isländischen Vulkan und meiner Freude über die Eruption zu kommen, habe ich noch ein weiteres Beispiel: Als im letzten Jahr der Eyyafyallayöküll ausbrach und über ganz Europa ein Flugverbot verhängt wurde, waren es gerade die Fluggesellschaften, die gegen diese Entscheidung heftigst protestierten. Ihnen war der eigene Profit – wie sollte es auch anders sein – wichtiger als die die Sicherheit der eigenen Kunden und Piloten. Dabei waren es vor allem diese (also diejenigen, die am besten wussten, ob es Sinn macht, zu fliegen oder nicht), die den Appell ausriefen, die Flugzone über Europa abzuriegeln. Und seien wir doch ehrlich: die Fluggesellschaften haben durch das Flugverbot zwar Verluste gemacht; diese sind aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht so hoch, dass sie plötzlich am Hungertuch nagen müssten.

Letzten Endes geht es mir um folgendes: Für den einzelnen Menschen sind Naturkatastrophen wie die beiden Vulkanausbrüche und vor allem der japanische Tsunami wortwörtlich als Katastrophe zu verstehen. Für viele machtstrebende Global Player sind solche Vorkommnisse allerdings ein gutes Warnzeichen. Ein Warnzeichen, das zeigt, dass das menschliche Allgemeinwohl und die Sicherheit auf der Welt über der eigenen Profitgier stehen muss. Und bis sich dies nicht geändert haben wird, werde ich mich auch weiterhin über Naturkatastrophen freuen.

Die Nachhaltigkeit in der Strompolitik und ihre Folgen

11. Mai 2011 Allgemein
von Matija Vudjan
Ein Windrad in Velbert – an der Grenze zum Essener Süden

Spätestens seit dem Super-GAU von Fukushima wissen wir, dass der Mensch der Atomkraft nicht mehr gewachsen ist. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, wenn Menschen anfangen, über neue Möglichkeiten der Energiegewinnung nachzudenken. Die Bunderegierung hat zum Beispiel eine Ethikkomission berufen, die über die Zukunft der Atomkraft in Deutschland entscheiden sollte. Diese hat gestern ihre Entscheidung veröffentlicht, wonach das letzte AKW in Deutschland spätestens 2021 von Stromnetz genommen werden soll. Ob diese Entscheidung aber auf die letztendliche Entscheidung der Bundesregierung Einfluss nehmen wird, bleibt abzuwarten.

Während man auf nationaler Ebene noch nach der perfekten Lösung sucht, ist man beispielsweise auf kommunaler Ebene (!) schon deutlich weiter. Die Stadt Velbert hat vor rund einem Monat nahe der Stadtgrenze zu Essen eine Windkraftanlage aufgestellt (im Bild oben erkennbar – Sicht von Essen-Fischlaken aus). Dies wird umso beachtlicher, wenn man weiß, dass das Projekt schon vor Fukushima geplant worden ist (was uns zeigt, dass es nicht immer einer Katastrophe bedarf, um auf den Weg der Vernunft zu kommen).

Wie bei vielen anderen zukunftsträchtigen Projekten, ist auch die Velberter Entscheidung – vor allem im Essener Raum – stark kritisiert. So haben sich die Velberter offensichtlich die Franzosen, die eine Vielzahl ihrer Atomkraftwerke nahe der deutschen Grenze gebaut haben, zum Vorbild genommen und das Windrad etwa 200 Meter nahe der Grenze zu Essen aufgestellt. Viele Essener Bürger haben sich infolgedessen beschwert; ihrer Meinung nach sei das schöne Panoramamotiv des ländlich geprägten Essener Südens durch die Windkraftanlage gestört.

An dieser Aussage mag es sogar einen großen Wahrheitsanteil geben; allerdings sollte man überlegen, ob es nicht doch mehr Sinn macht, den schönen Landschaftsblick für eine innovative und nachhaltige Energie-gewinnungsanlage aufzuopfern. Dieses Problem wird zukünftig übrigens immer mehr in den Mittelpunkt der Diskussion rücken, denn die Stadt Velbert plant bereits, ein zweites Windrad aufzustellen und auch im Essener Stadtrat wird die Frage nach Windrädern über der Ruhr kontrovers diskutiert. Und seien wir doch ehrlich: Sicherheit und Nachhaltigkeit sollten (eigentlich) wichtiger sein als ein schöner Panoramablick!