Gedanken zur Woche #44

14. Dezember 2014 Ethik, Gesellschaft, Theologie
von Matija Vudjan

Seit einigen Wochen demonstriert in Dresden und anderen deutschen Städten die sog. Pegida-Bewegung wegen einer angeblichen Islamisierung der deutschen Gesellschaft (und – so die Behauptung dieser Bewegung – des christlichen Abendlandes). Inzwischen ist die Bewegung auf über 10000 Teilnehmer angewachsen. Das ist ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft und unser christliches (!) Wertesystem, das prinzipiell niemanden aus der Gesellschaft ausschließen möchte! Hier besteht noch sehr viel Aufklärungsarbeit!

In diesem Zusammenhang möchte ich mir eine weitere Bemerkung erlauben: Ich zähle mich selbst zu denjenigen Bürgern, die die Aussage des Bundespräsidenten Christian Wulff vor einigen Jahren, der Islam gehöre zu Deutschland, kritisch gesehen haben, weil die Aussage geschichtlich gesehen zu kurz greift. Den geschichtlichen Impetus sehe ich immer noch kritisch, aber dennoch sage ich heute: Wenn Muslime als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu Deutschland zählen, dann tut das auch der Islam! Das ist eine Position, für die man sich gerade in der gegenwärtigen Situation stark machen muss!

Gleichzeitig darf man auch nicht den Fehler machen und außer Acht lassen, dass der Großteil derjenigen, die in Dresden und anderswo demonstrieren, wirklich existenzielle Sorgen hat! Die meisten fremdenfeindlichen Parolen werden von den Demonstranten vorgetragen, weil sie momentan die einzige Antwort auf ihre existentiellen Sorgen und Nöte sind. An genau dieser Stelle müssen Politik und Gesellschaft ansetzen: Wir müssen den Menschen eine Antwort auf ihre Frage(n) bieten können!

Zu einem anderen Thema: In der vergangenen Woche habe ich über den Vorstoß der CSU berichtet, Deutsch als Pflichtsprache auch im privaten Raum einzuführen (siehe hier). Das sorgte unter der Woche nicht nur für Unverständnis, sondern auch für viel Hohn und Spott. Deswegen ist die Partei jetzt zurückgerudert und hat den Vorstoß abgeschwächt – außerdem sieht sich niemand mehr für den Satz verantwortlich. Ich frage mich, was die größere Schande ist: Dass man als latent ausländerfeindliche Partei in demokratischen Parlamenten sitzt, oder dass man seine inhaltlichen Positionen so schnell ändert wie das Kleinkind sein Spielzeug? Wahrscheinlich in beidem…

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
Follow me @ Twitter!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert