Femen – Ein Widerspruch in sich

26. Dezember 2013 Gesellschaft
von Matija Vudjan
Vielleicht habt ihr es auch schon mitbekommen: In der gestrigen Weihnachtsmesse im Dom zu Köln stürmte die bereits bekannt gewordene Femen-Aktivistin Josephine Witt den Altarraum, entblößte sich, sprang auf den Altar und rief: „Ich bin Gott!“. Warum diese Aktion die „Frauenrechtsorganisition“ als solche vollkommen diskreditiert, möchte ich im Folgenden erläutern.

Durch die gestrige Aktion hat sich Femen als feministische Organisation vollkommen diskreditiert.

Nach eigener Aussage setzt sich Femen für die Rechte der Frau sowie gegen die weltweite Unterdrückung der Frau durch das sogenannte „Patriarchat“ ein. Frauenrechte sind Menschenrechte. Der Einsatz für Frauenrechte ist prinzipiell nicht verwerflich, sondern sogar wünschenswert. Problematisch wird es nur, wenn durch diesen Einsatz andere Rechte mutwillig missbilligt werden.

Die gesetzliche Dimension

Die Zeiten, in denen die Kirche noch fast gleichbedeutend mit dem Staat war, sind inzwischen – Gott sei Dank – vorbei. Jeder Mensch kann frei entscheiden, ob er die Lehre der Kirche mit seinem Gewissen vereinbaren kann und somit Mitglied der Kirche sein möchte oder nicht. Diejenigen Menschen, die für sich einen kirchlichen Glauben verantworten können, werden durch den Rechtsstaat besonders geschützt. Dies wird im Grundgesetz sehr schön ausgedrückt:

Art. 4 GG:
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
[…]

Jeder Mensch kann – unabhängig von seinem Glauben – über den christlichen Glauben bzw. die Katholische Konfession denken, was er will. Ebenso verhält es sich mit kirchlichen Positionen oder mit der Person Joachim Kardinal Meißners. In einer pluralistischen Demokratie sind Formen der Kritik und des Protestes sogar durchaus erwünscht.

Möchte man ein Zeichen des Protestes kundtun, so muss dies allerdings in Einklang mit dem Grundgesetz geschehen: die „ungestörte Religionsausübung“ muss gewährleistet bleiben. Das Strafgesetzbuch formuliert dies so:

§167 StGb:
(1) Wer
1. den Gottesdienst oder eine gottesdienstliche Handlung einer im Inland bestehenden Kirche oder anderen Religionsgesellschaft absichtlich und in grober Weise stört oder
2. an einem Ort, der dem Gottesdienst einer solchen Religionsgesellschaft gewidmet ist, beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
[…]

Man kann davon ausgehen, dass die gestrige Femen-Aktion absichtlich geschehen ist und eine Störung des Gottesdienstes darstellt – das wird auf den veröffentlichten Bildern nur zu deutlich. Allein schon dadurch wird ein Widerspruch in sich deutlich: Die Femen fordern Rechte für die Frau ein, missachten aber selbst geltendes und gültiges Recht.

Neben dieser gesetzlichen Perspektive gibt es aber auch eine moralisch-religiöse:

Die moralisch-religiöse Perspektive

Am gestrigen Weihnachtstag haben sich die Menschen im Kölner Dom versammelt, um die Geburt des Heilands, des Sohnes Gottes zu feiern. Das Hochfest der Geburt des Herrn ist das zweitgrößte im gesamten Kirchenjahr und wird dementsprechend feierlich begangen.

Der Altar hat in der Kirche eine zentrale Bedeutung: Auf ihm werden die Gaben des Brotes und des Weines zu Leib und Blut Jesu Christi gewandelt. Der Altartisch ist Symbol des Sühneopfers Jesu Christi. Zugespitzt kann man sagen: Im Altar ist Jesus Christus, ist Gott gegenwärtig.

Führen wir diese Gedanken fort: Wer – wie die Femen-Aktivistin Jospehine Witt – auf den Altar springt (ob man dabei nackt ist, ist ziemlich egal), stellt für die vielen Gläubigen im Gotteshaus zum einen eine entschiedene Störung der religiösen Stimmung und des Gehaltes des Festtages dar – dies ist schlicht und ergreifend eine entschiedene Respektlosigkeit den tausenden Gläubigen gegenüber, für die der Weihnachtstag eine so große theologische Bedeutung hat.

Zum anderen ist durch die Aktion noch etwas anderes geschehen: Indem die Aktivistin auf den Altar gesprungen ist und die Parole „Ich bin Gott!“ ausgerufen hat, begeht sie – im Angesicht der anwesenden Gläubigen – eine blasphemische Tat. Sie tritt sowohl Jesus Christus als Heiland mit den Füßen, als dass sie auch ihn verleugnet. Aus Sicht der Gläubigen ist es dies eine absolute Würdelosigkeit; es ist demnach absolut verständlich, von einer Verletzung religiöser Gefühle zu sprechen.

Zusammenfassend kann man auch sagen: Femen fordert selbst die Unantastbarkeit der Rechte der Frau. Selbst aber zeigt die Organisation überhaupt keinen Respekt vor Andersdenkenden; ganz im Gegenteil: sie diffamieren diese sogar mit voller Genugtuung. Durch ein solches Handeln diskreditiert sich die Gruppe als Gemeinschaft, die für eine gute Sache kämpft, vollkommen.

Abschließende Gedanken

Inzwischen ist bekannt geworden, dass der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff Anzeige gegen Witt erstattet hat. Ich persönlich würde aus katholisch-kirchlicher Sicht jedoch keine allzu große Sache aus der Geschichte machen – ganz nach dem Vorbild des am heutigen Tage erinnerten Hl. Stephanus, der noch im Angesicht seiner Steinigung sagte: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!“ (Apg 7,60)

Auf der anderen Seite leben wir in einem Rechtsstaat, in dem auch – wie oben ausgeführt – bestimmte Gesetze gelten. Diese Gesetze wurden mit der gestrigen Aktion klar gebrochen. Die Aktion ist im Allgemeinen ein Sinnbild des immer kleiner werdenden Respektes gegenüber den religiösen Gruppen in unserer Gesellschaft. Gerade deswegen wird es in diesem Fall interessant zu sehen sein, wie damit juristisch umgegangen werden wird – möglich ist ja sogar eine Gefängnisstrafe in Höhe von drei Jahren.

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
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