Post vom Presserat

5. Januar 2013 Ethik
von Matija Vudjan

Erinnert ihr euch noch an die Geschichte des verstorbenen Dortmunder Jungen und BVB-Fans, dessen Eltern ihn auf einem katholischen Friedhof beerdigten und sich darauf weigerten, auf den Grabstein ein christliches Symbol einzumeißeln? In den Zeitungen und im Fernsehen wurde damals aus dieser Lappalie Geschichte eine doch ziemlich boulevardisierte Story gemacht. Für die unter euch, die nicht mehr ganz up to date sind, habe ich den damaligen Artikel aus der WAZ noch einmal hochgeladen:

Aus: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 13.11.2012

Wenn Ihr den Text oben überflogen habt, dürftet ihr gemerkt haben, dass der Artikel aus der WAZ alles andere als neutral ist, wie er es eigentlich sein sollte. Zudem ist er (dies wird im Artikel selbst nicht deutlich) sehr schlecht recherchiert: die Eltern des Kindes sind beide vor Jahren aus der Kirche ausgetreten und haben ihren Sohn nicht taufen lassen. Außerdem haben sie sich geweigert, auf den Grabstein ein christliches Symbol einmeißeln zu lassen, obwohl der Sohn auf einem katholischen (!) Friedhof beerdigt ist.

Nun denn, genau dies habe ich mir damals auch gedacht und folgenden offenen Brief an die WAZ-Redaktion geschrieben (s. hier). Und penibel wie ich bin, habe ich, um die ganze Sache offiziell zu machen, auch eine Beschwerde (mit demselben Inhalt) an den deutschen Presserat geschrieben. Tatsächlich habe ich heute vom Presserat eine Antwort bekommen.


Zu meiner persönlichen Enttäuschung ist der deutsche Presserat in einem Vorverfahren zu dem Entschluss gekommen, dass der Artikel der WAZ nicht gegen den deutschen Pressekodex verstößt. So sei es einer Redaktion gestattet, aus einem bestimmten Blickwinkel zu berichten. Außerdem sei der Artikel nicht einseitig geschrieben; schon alleine, weil die Redaktion versucht habe, eine Meinung der Gegenposition (in diesem Fall des Pfarrers) einzuholen. Obwohl dies nicht gelungen sei, reiche schon der Versuch aus, um die eigene Sorgfaltspflicht zu erfüllen.

Auch wenn meine Argumentation letztlich zu keinem Erfolg geführt hat, bleibe ich bei meiner Meinung, dass im Artikel der WAZ für den Leser wichtige Details verschwiegen werden. Dem Leser ist es somit unmöglich, sich ohne eigene Recherche ein eigenes Urteil über die Geschichte zu bilden. Ganz im Gegenteil wird ihm durch diesen Artikel sogar ein anti-kirchliches Bild impliziert – und somit fernab von jeglicher Neutralität verortet ist.

Sei es wie es will. Wir leben zum Glück in einem Land der Meinungsfreiheit. Wenn der deutsche Presserat also eine andere Meinung hat als ich, dann muss ich mich damit abfinden. Viel trauriger als dieser „Niederlage“ ist aber, dass ich von der WAZ bis heute keine Antwort auf meinen Brief bekommen habe, und das wohl auch so bleiben wird…

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
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