Das Zentralabitur und seine Macken

8. Mai 2011 Gesellschaft
von Matija Vudjan

Das Zentralabitur in NRW feiert Jubiläum: Fünf Jahre ist sind vergangen, seit die Abiturienten 2007 das erste zentral gestellte Abitur bewältigen mussten. Schon damals waren die Abiturklausuren nicht fehlerfrei – wobei man dies ja noch relativ gut nachvollziehen konnte, da es sich 2007 um das erste zentral gestellte Abitur hielt. Viel kurioser ist es, dass es bis heute nicht gelungen ist, die Klausuren fehlerfrei zu gestalten. Ich möchte nur an das Chaos im Jahre 2008 erinnern, als als zwei Aufgaben im Mathematik-Leistungskurs fehlerhaft bzw. nahezu unlösbar waren.

Das sich der Abiturschnitt damals für viele Schüler deutlich verschlechterte, nahm man in Düsseldorf ziemlich emotionlos hin. Vor allem die damalige Schulministerin Barbara Sommer hielt die schlechten Ergebnisse für normal. Immerhin gelobte man Verbesserung: Ab 2009 werden jährlich 500000 € (!) investiert, um die Abiturklausuren von mehreren verschiedenen Gremien prüfen zu lassen.

Bis heute ist dies leider ohne Erfolg geblieben. Beim diesjährigen Zentralabitur sind schon mehrere Fehler entdeckt worden. So ist im Fach Deutsch (am Montag geschrieben) sowohl bei der Grundkurs- als auch bei der Leistungskurs ein Fehler aufgetaucht. Interessant wird es aber erst, wenn man weiß, dass in der Presse am folgenden Tag nur vom Fehler im Grundkurs berichtete. Vom Fehler im der Klausur des Deutsch-Leistungskurses war indes keine Rede (dabei handelte es sich um eine falsche Titulierung verschiedener Szenen aus Georg Büchners Dramenfragment Woyzeck, das es zu analysieren galt). Selbiges gilt für die Klausur des Leistungskurses in Englisch (am Mittwoch geschrieben): Bei einem Zeitungsartikel wurden in der Aufgabenstellung sowie im Originaltext zwei verschiedene Datierungen verwendet. Und auch dieser Fehler wurde in der Presse nicht kommentiert.

Für mich stellen sich deswegen zwei Fragen: Erstens: Wie kann es überhaupt dazu kommen, dass in einem Zentralabitur, das vor den Prüfungen durch mehrere Prüfungsgremien geht (und dafür eine halbe Million € verschlingt), immer noch so zahlreich Fehler vorkommen (auch wenn diese – das muss man doch zugestehen – nicht mehr so extrem sind wie z. B. 2008)? Und zweitens: Warum ist sich die Presse inzwischen zu schade, über solche Fehler zu berichten. Es müsste doch eigentlich die Aufgabe einer Zeitung sein, die von sich behauptet, Qualitätsjournalismus zu betreiben, die Tatsache zu kritisieren, dass eine Institution eine halbe Million dafür aufwendet, Abiturklausuren nach Fehlern zu überprüfen, und diese dennoch mit Fehlern vollgespickt sind? Aber dies sind wohl Fragen, die bis auf Weiteres unbeantwortet bleiben werden…

Dieser Beitrag stammt von: Matija Vudjan

Student der katholischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum. Autor des Blogs durchgedacht.
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4 Kommentare zu „Das Zentralabitur und seine Macken“

  1. In Mathe gab es 2008 aber die Möglichkeit, nachzuschreiben, wenn man die unlösbaren Aufgaben in der Abiklausur hatte.
    Christoph

  2. Ich weiß auch, dass es 2008 eine Nachschreibmöglichkeit in der Mathematikklausur gegeben hat; dennoch bin ich der Meinung, dass so ein schwerwiegender Fehler, wie er 2008 nun mal vorgekommen ist, in einem Zentralabitur (d. h. in einer staatlicher Prüfung) NICHT passieren darf. Deshalb denke ich auch, dass der Nachschreibtermin damals unausweichlich gewesen ist 😉

    Gruß, Modgar

  3. Leider stimmt auch der Punkt mit den gesunkenen Durchschnitten, denn auch die fehlerhafte Prüfung ist damals in die Wertung eingegangen (so steht es wohl im Gesetz)…
    LG, Modgar

    PS: Danke für das Kompliment 😉

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