Post vom Presserat

5. Januar 2013 Ethik
von Matija Vudjan

Erinnert ihr euch noch an die Geschichte des verstorbenen Dortmunder Jungen und BVB-Fans, dessen Eltern ihn auf einem katholischen Friedhof beerdigten und sich darauf weigerten, auf den Grabstein ein christliches Symbol einzumeißeln? In den Zeitungen und im Fernsehen wurde damals aus dieser Lappalie Geschichte eine doch ziemlich boulevardisierte Story gemacht. Für die unter euch, die nicht mehr ganz up to date sind, habe ich den damaligen Artikel aus der WAZ noch einmal hochgeladen:

Aus: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 13.11.2012

Wenn Ihr den Text oben überflogen habt, dürftet ihr gemerkt haben, dass der Artikel aus der WAZ alles andere als neutral ist, wie er es eigentlich sein sollte. Zudem ist er (dies wird im Artikel selbst nicht deutlich) sehr schlecht recherchiert: die Eltern des Kindes sind beide vor Jahren aus der Kirche ausgetreten und haben ihren Sohn nicht taufen lassen. Außerdem haben sie sich geweigert, auf den Grabstein ein christliches Symbol einmeißeln zu lassen, obwohl der Sohn auf einem katholischen (!) Friedhof beerdigt ist.

Nun denn, genau dies habe ich mir damals auch gedacht und folgenden offenen Brief an die WAZ-Redaktion geschrieben (s. hier). Und penibel wie ich bin, habe ich, um die ganze Sache offiziell zu machen, auch eine Beschwerde (mit demselben Inhalt) an den deutschen Presserat geschrieben. Tatsächlich habe ich heute vom Presserat eine Antwort bekommen.

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Es ist Zeit zum Durchgreifen!

11. September 2011 Ethik, Gesellschaft
von Matija Vudjan

Am vergangenen Mittwoch hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: die Finanzspritzen der Bundesregierung für die Griechenland-Rettung widersprechen nicht dem Grundgesetz. Die Bundesregierung, allen voran Kanzlerin Angela Merkel, hat somit eine wichtige Hürde genommen. Das Urteil des Verfassungsgerichts ist zwar „nur“ auf die Griechenland-Hilfe vom Mai bezogen; allerdings gilt es als sicher, dass die Bundesregierung – mit Zustimmung des Bundestags (dies ist eine zentrale Forderung der Verfassungsrichter) weitere Finanzspritzen für Griechenland beschließen kann, ohne dabei gegen das Grundgesetz zu verstoßen.

Ob im Verfassungsgericht richtig entschieden wurde wird die Zukunft noch zeigen.
(Foto: Tobias Helfrich für Wikipedia)

Trotz dieses vermeintlich positiven Urteils wächst in den Fraktionen von Union und FDP weiter der Unmut. Schon Ende September soll im Bundestag nämlich über ein weiteres Hilfspaket für die klammen Griechen entschieden werden. Merkel und Finanzminister Schäuble setzten sich weiterhin stark dafür ein. Allerdings scheinen immer mehr Parlamentarier von Union und FDP etwas gegen diese Pläne zu haben. Wie der Spiegel Anfang September berichtete, wollen insgesamt 25 Abgeordnete der drei Parteien bei der Abstimmung im Bundestag gegen ein weiteres Hilfspaket stimmen.

Fünfundzwanzig – eine Zahl, die der Kanzlerin noch starke Kopfschmerzen bereiten könnte. Sollten jene Abgeordnete wirklich gegen das Hilfspaket stimmen oder sich enthalten, würde die Bundesregierung ihre Mehrheit im Bundestag verlieren – und die Kanzlerin ihre Glaubürdigkeit. Aber auch in anderer Hinsicht ist diese Zahl interessant: immerhin spiegeln die 25 Parlamentarier auch die momentane Lage im Volk dar. Der allgemeine Tenor lautet inzwischen, dass Griechenland es nicht schaffen wird, seine immensen Schulden abzubauen. Von der Rückzahlung des Hilfspakets gar nicht zu sprechen.

Fest steht, dass das Griechenland-Problem irgendwie gelöst werden muss. Entweder durch weitere Finanzspritzen, die das bankrotte Land vermutlich nie zurückzahlen wird und das Problem zwangsläufig nur vergrößern werden. Oder aber durch einen Schnitt. FDP-Chef Rösler überlegt beispielsweise laut über eine Insolvenz Griechenlands nach. Fraglich ist nur, ob es wirklich so weit kommen muss. Ebenso fraglich ist, warum immer noch viele Politiker gegen einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone sind. Griechenland könnte seine alte Währung, die Drachme, wieder einführen. Durch eine Abwertung der eigenen Währung könnten Investoren angezogen werden, und dadurch die Schulden automatisch gesenkt werden. Insgesamt könnte das Land so wieder gestärkt der Eurozone beitreten – was für beide Seiten wohl von Vorteil wäre.

Egal, wie man am Ende handeln wird; eines muss dabei klar sein: die Rettung Griechenlands ist gleichbedeutend mit der Rettung der gesamten Eurozone. Deshalb sollte man bereit sein, vorübergehende Opfer einzugehen, die sich in der Zukunft auch auszahlen werden.

Darf man einen Straftäter öffentlich anprangern?

15. Oktober 2010 Ethik, Gesellschaft
von Matija Vudjan

Stefanie zu Guttenberg, die Frau unseres Verteidigungsministers Karl Theodor zu Guttenberg, hat es sich zur Aufgabe gemacht, potenzielle Kinderschänder aufzudecken und der Öffentlichkeit zu „zeigen“. In der RTL2-Serie „Tatort Internet“ halten sich vermeintlich junge Mädchen (in Wirklichkeit handelt es sich dabei um das Team von Frau zu Guttenberg) in verschiedenen Internet-Chats auf, bis sie von älteren Männern angesprochen werden und mit diesen einen Treffpunkt für bestimmte sexuelle Taten vereinbaren. Bei einem solchen Treffen erscheinen dann allerdings nicht die jungen Mädchen, sondern das Team von RTL2, das alles mit einer Kamera festhält; somit wird der vermeintliche Täter auf frischer Tat ertappt.

Dies ist sicherlich eine gute Idee, um zu zeigen, wie viele pädophile Menschen sich heutzutage im Internet aufhalten. Immerhin sind solche Männer potenzielle Straftäter. Allerdings meldet die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) heute, dass die in der Fernsehsendung gezeigten mutmaßlichen Kinderschänder ziemlich leicht identifiziert werden konnten und infolgedessen jetzt Morddrohungen erhalten. Der Sender RTL2, der die Sendung produziert hat (und ansonsten eher für Trash-Formate wie z. B. „Frauentausch“ bekannt ist) scheint also relativ schlampig gearbeitet zu haben. Denn Fakt ist, dass laut Grundgesetz jeder Mensch eine „unantastbare Würde“ hat (§ 1, Abs. 1(1)). Man kann in solch einem Fall getrost auch Diskriminierung sprechen, ein Delikt, der ebenfalls gegen das Grundgesetz verstößt (vgl. § 1, Abs. 2+3). Aus diesen Gründen dürfte die Ausstrahlung dieser Sendung für RTL2 also nicht folgenlos bleiben – man ist allerdings auch fast dazu geneigt, dass dies zurecht so ist.

Letztendlich stellt sich noch die Frage, warum sich Stefanie zu Guttenberg für ihr zweifelsohne gut gemeintes Projekt nicht einen seriöseren Sender als RTL2 ausgesucht hat, denn als Gattin des Bundesverteidigungsministers wird sie sicherlich die Möglichkeit dazu gehabt haben. Denn gerade ein Sender wie RTL2 mit seinen unzähligen Trash-Formaten, die die sozialen Abgründe Deutschlands immer wieder auf belustigende – ja teilweise schon diffamierende – Art und Weise darstellt, scheint für das so wichtige Thema der Pädophilie gänzlich ungeeignet. Würde das Format in einem seriöseren (z. B. Öffentlich-rechtlichen) Sender gesendet werden, so wäre der Lapsus mit der leichten Identifizierungsmöglichkeit der mutmaßlichen Täter sicherlich nicht passiert; man hätte zudem auch die Möglichkeit gehabt, deutlich mehr Menschen zu erreichen.

Letzten Endes kann man eigentlich nur sagen, dass dieses Format von Frau zu Guttenberg definitiv eine sehr gute Idee ist. Allerdings hapert es stark an der Umsetzung eines Projektes dieser Klasse. Denn die Ministergattin hat für ihr Format mit RTL2 einen Sender engagiert, der offensichtlich nur schlampig mit seiner Verantwortung umgeht und somit das gesamte Projekt stark gefährdet. Schade.